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Mendelsche Gesetz fordert ihn. Die Natur läßt nicht Eine Zelle

immer größer werden, um einen ganzen Organismus hervorzubrin-

gen, sondern sie macht viele Zellen, das heißt sie b r i c h t die

eine a b um zur andern überzugehen; sie läßt auch ferner nicht

die Zahl der Zellen immer mechanisch nachwachsen, sondern sie

macht v e r s c h i e d e n e Zellen mit arteigenen Leistungen im

Ganzen des Organismus — „funktionelle Differenzierung“ mit

gegenseitiger Entsprechung.

Auch in der P h y s i k kann von Licht zu Schall, vom elektromagnetischen

Erscheinungsgebiet zum mechanischen kein Übergang hergestellt werden. Und die

Atomtheoretiker, die alles auf qualitätlose Atomwirbel zurückführen wollen, wer-

den niemals einen Weg finden, die Übergänge verständlich zu machen. Denn

Q u a l i t ä t f o l g t n i c h t a u s Q u a n t i t ä t , wie oben

1

dargetan wurde.

Dagegen ist rein von der Seite des mathematisch Faßbaren her die Physik

allerdings auf Stetigkeit hingewiesen, wie das Infinitesimalprinzip beweist -

falls nicht die moderne Q u a n t e n t h e o r i e hier eine grundsätzliche Neue-

rung zu behaupten vermag. Aber daß der mathematischen Physik die Begriffe

Typus, Qualität nicht vorausgingen, wird auch die Quantentheorie niemals zu

beweisen vermögen.

In der Chemie ist die unvermittelte qualitative Verschiedenheit der in Ver-

bindung tretenden Reagentien ohnehin begriffliche Grundvoraussetzung jedes

Chemismus. Denn H2 und O können sich zu Wasser nur verbinden, wenn

sowohl sie selber untereinander wie von dem Endprodukt Wasser qualitativ,

also unvermittelt, geschieden sind. Dazu stimmt auch die Grundtatsache aller

Chemie, daß sich die Elemente nur in ganz bestimmten Verhältnissen zueinander

verbinden, n i c h t a b e r a u c h i n a l l e n d a z w i s c h e n l i e g e n d e n

V e r h ä l t n i s s e n , wodurch also Stetigkeit ausgeschlossen ist.

Um alle Mißverständnisse auszuschließen, sei noch eine Feststellung über das

Verhältnis des Begriffes der Unstetigkeit zum a t o m i s t i s c h e n B e g r i f f

d e r M a t e r i e erlaubt.

Im Bereich der abstrakten Räumlichkeit an sich herrscht Stetigkeit, Kontinuum.

Anders steht es mit dem von Naturqualitäten bestimmten / Raum. Die Quali-

täten gehen nicht ineinander über! „Sprung“, „Unstetigkeit“ im dargelegten

Sinn bedeutet daher keineswegs, daß ein Riß, ein leerer Raum, ein Abgrund zwi-

schen dem Geschiedenen sich auftue, wie es die Atomistik will. Gerade durch die

lückenlose Entsprechung des Verschiedenen wird eine Überbrückung, eine Ver-

bindung und Vermittlung des Geschiedenen — und in diesem übertragenen Sinn

eine Verstetigung des Unsteten — durchgeführt. Darum ist, und das sei auf das

Nachdrücklichste betont, die in der Entsprechung gelegene Unterkategorie des

Sprunges durchaus kein Argument für die A t o m i s t i k in Physik und Chemie.

Die Atomistik faßt den Sprung auf rohe und materialistische Weise dahin auf,

daß die Körperteilchen unverbunden und durch einen Abgrund voneinander

getrennt seien. Da sich aber der leere Raum im Begriffsgebäude der Physik nicht

aufrechterhalten läßt, umhüllt die Physik jedes Atom mit einer Ätherhülle oder

einem „Feld“ oder hilft sich durch andere Modifikationen dieses Kunststückes.

1

Siehe S. 145 f.