[382/383]
345
Erkenner und Erkanntes, nämlich für das Subjekt-Objektverhält-
nis. Ein mir auch durch weitläufige Vermittlungen hindurch absolut
ungezweites Ding könnte ich nicht erkennen, es wäre ja für mich
gar nicht in meinem Kosmos enthalten. (Gezweiung beruht ja wie-
der auf Ebenbildlichkeit.) Ohne jede noch so vermittelte Gezweiung
und ohne jede Spur von Ebenbildlichkeit wäre uns das Andere, der
Gegenstand, absolut fremd, das heißt „Nichts“. Darum darf der
Satz: „Gleiches wird durch Gleiches erkannt“, nicht so aufgef aßt
werden, als wenn das „Draußen“ und „Drinnen“, das Subjekt und
das Objekt, gleich wäre. Nur gliedhaft bestimmte „Gleichheit“,
genauer gesagt, jene organische Ungleichheit kommt hier in Frage,
die zwischen Gezweiten wesensgemäß ist. Erkennendes Subjekt und
erkanntes Objekt müssen als Glieder einer Ganzheit höherer Ord-
nung vereint sein. Nur indem sich beide in einem höheren Zentrum
aufheben, sind sie als Erkennende und Erkannte. Diese (vermittelte)
Gezweiung liegt in der Ebenbildlichkeit schon eingeschlossen. Was
ebenbildlich ist, gehört denselben weitesten oder engsten Ganzhei-
ten an; sonst könnte es nicht ebenbildlich, das heißt „Glied von
gleicher Art“ sein.
Wie steht es nun, von da aus gesehen, mit der neukantischen be-
ziehungsweise kantischen Lehre, daß das Apriori die Bestimmungen
des Gegenstandes bilde und diesen damit aufbaue? Wie steht es
mit dem gleichsinnigen Satz Fichtes: Das Ich setzt sich selbst und
das Nicht-Ich? — Von den eben entwickelten Voraussetzungen der
Ebenbildlichkeit und Gezweiung her bleiben diese Bestimmun-
gen aufrecht und sie dürften wohl in Zukunft keiner Erkenntnis-
theorie mehr entrissen werden können — aber nur soweit sie den
Erkenner als G l i e d im Auge haben. Denn Gezweiung als Er-
kenntnisbedingung schließt ja eben in sich: daß weder der Erken-
ner ohne das Erkannte noch das Erkannte ohne den Erkenner ist.
Trotzdem dieser Satz für uns ebenso unerläßlich gilt wie für Kant
und Fichte, ist in ihm doch zugleich jede / Spur von Solipsismus,
der den Gegenstand als solchen nicht anerkennen will, ausgelöscht!
Denn jenes Nicht-ohne-einander-sein-können von Subjekt und Ob-
jekt nach dem Begriff der Gezweiung bedeutet nicht ein einseitiges,
solipsistisches Hervorbringen des Gegenstandes durch das Subjekt
und darum auch kein bloß erscheinungsmäßiges (phänomenales)
Vorhandensein dieses Gegenstandes (in welchem Sinne dieser Be-