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ches in sich keinen Halt hätte, sich in bloße Raumpunkte auflösen

müßte, die in keiner Weise geeignet wären, irgend etwas aus ihnen

„zusammenzusetzen“.

Spann hat sich ganz im Sinne dieser unverlierbaren Einsichten der

philosophia perennis gegen den philosophischen Atomismus ge-

wandt. Gerade weil nach seiner Auffassung der aristotelisch-schola-

stische Begriff der Form zuletzt als erste Materie ein völlig Unge-

formtes und Bestimmungsloses außer sich habe, unterscheidet er die

an sich „eng verwandten“

1

Begriffe Form und Ganzheit, da die

letztere kein solches Gegenteil wie jene Materie hat. Davon ab-

gesehen teilt Spann die Auffassung der aristotelisch-scholastischen

Tradition insofern, als für ihn ohne Zweifel die insichvermittelte

Ganzheit der Grundbegriff seiner Naturphilosophie ist. Es ge-

nügt, folgende Stelle als Beleg anzuführen: „Daß Gestalt nicht

bloße ... Ausdehnung sei, lehrt uns auch die entscheidende Tat-

sache an ihr: die Einheit. Damit es zur Gestalt komme, muß etwas

da sein, was außer der Ausbreitung auch die Einheit festhält, die

Ausbreitung also gleichsam zusammenhält, an sich hält. Erst da-

durch kann das bloße Außereinander zur Gestalt werden! Dieses

Ansichhalten, Zusammenhalten der Ausbreitung bedeutet aber not-

wendig: daß das Ausbreitende sich auf sich selbst zurückbeziehe ...

Gestalt ist daher nicht erst von der äußeren Grenze her be-

stimmt . . . , sondern vom inneren Gefüge her, von der inneren

Einheitsbezogenheit, inneren Rückbezüglichkeit, Rückverbunden-

heit.“

2

Auch für Spann entsteht daher wie für Leibniz das Problem, wie

überhaupt die nur äußerlich zusammensetzend verfahrende mecha-

nistische Naturerklärung möglich sei: „Wie ist das ursächlich [me-

chanistische] Verfahren überhaupt denkbar, wenn es grundsätz-

lich nichts Unganzes in der Welt gibt, und wie ist der Tatbestand

der Naturwissenschaften dann zu erklären?“ Die auch von einem

ganz anders eingestellten Denker, wie Heinrich Gomperz

3

, als

„sehr geistvoll“ bezeichnete Antwort liegt für Spann „im Begriff

1

Siehe oben S. 352.

2

Othmar Spann: Naturphilosophie, Jena 1937, S. 79 f. [2. Aufl., Graz 1963,

S. 75] ( = Othmar Spann Gesamtausgabe, Bd 15).

3

Heinrich Gomperz: Uber Sinn und Sinngebilde, Verstehen und Erklären,

Tübingen 1929, S. 195.