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überschreiten kann. Deshalb hat sich ein der modernen Wissen-

schaftstheorie so nahe stehender Denker wie Karl Raimund Pop-

per gegen die „logistische“ Auffassung des Universalienproblems

gewendet. Nach ihm hat „die Unterscheidung zwischen Universa-

lien und Individualien nichts zu tun mit der zwischen Klassen und

Elementen: Sowohl Universalien wie Individualien können als

Klassen und als Elemente auftreten. Es ist daher nicht möglich, den

Unterschied zwischen Individualbegriffen und Allgemeinbegriffen

dadurch aufzuheben, daß man, wie Rudolf Carnap sagt, es bestehe

, . . . diese Einteilung nicht zu recht“, weil , . . . jeder Begriff ... je

nach dem Gesichtspunkt als Individualbegriff und auch als All-

gemeinbegriff aufgefaßt werden kann“, was durch die Feststellung

begründet werden soll, , . . . daß (fast) alle sogenannten Individual-

begriffe ebenso Klassen ... sind wie die Allgemeinbegriffe“. Wie

eben gezeigt, ist das zwar richtig, hat aber mit der fraglichen Un-

terscheidung nichts zu tun ... Auch sonst verwechselt die Logistik

(symbolische Logik) die Unterscheidung zwischen Universalien und

Individualien mit der zwischen Klassen und Elementen. Sicher ist

es zulässig, die Worte Universalien und Individualien mit den

Worten Klasse und Element synonym zu gebrauchen; aber es ist

nicht zweckmäßig. Probleme können auf diese Weise nicht auf-

geklärt werden; eher verschließt man sich den Zugang zu ihnen.“

1

Freilich: verschließt man sich ihnen nicht auf diese Weise, dann

wird man früher oder später nicht umhin können, das traditionelle

Universalienproblem auf seinen eigentlichen Sinn zu befragen und

ernst zu nehmen, was freilich von der vollständigen Disjunktion

des neuzeitlichen Nominalismus und speziell von einer extensiona-

len Logik her nicht geleistet werden kann. Ist doch diesem Denken

die kritische Reflexion auf seine Voraussetzungen, insbesondere

auch auf das Modell des äußerlichen Zusammensetzens aus Elemen-

ten in einer Weise fremd geworden, daß man besonders heute die

harte Kritik Hegels mehr noch als zu seiner Zeit als berechtigt

ansehen muß.

Im Sinne der Fortführung einer ganzheitlichen Kategorienlehre

nach dem Vorbild Spanns wäre vielleicht stärker der formallogi-

1

Karl Raimund Popper: Logik der Forschung, 2. Aufl., Tübingen 1966,

S. 35 ff.