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bestehen können) und aus ihrer Einzelheit nicht verstanden werden
können; das heißt, ihr Geschehen muß jeweils bestimmt (mitbe-
stimmt) werden durch das Ganze. Alles Einzelne ist in Wahrheit nur
verhältnismäßig einzeln, es ist G l i e d. Denn: „Das Ganze wird in
den Gliedern geboren“, das Ganze ist es, das in ihnen sich ausglie-
dert, in ihnen (unbeschadet ihres Eigenlebens, ihrer Vita propria,
und ihrer arteigenen Freiheit, wie wir später sehen werden) sich
darstellt. — Das Ganze als s o l c h e s erscheint aber gerade dar-
um nicht, es bleibt im Vorsein, aber die konkreten Einzeltatsachen,
in denen es erscheint, sind durchaus gliedhaft, das Ganze ist in den
Gliedern erschienen, aber nicht als solches. Gäbe es ein Ganzes als
solches, gäbe es den Staat als solchen (ohne Bürger), zum Beispiel
einen „Herrn Staat“, wenn wir so sprechen dürfen, gäbe es irgendwo
die Kirche als solche, die Seele als solche (ohne Gedanken), die Spra-
che als solche, den Organismus als solchen — dann gäbe es ja ein
Ganzes n e b e n den Gliedern, es gäbe den Staat neben den Bür-
gern, die Kirche neben den Gläubigen, die Seele neben den Gedan-
ken, die Sprache neben den Worten, den Organismus neben den
Organen — was offenbar widersinnig ist. Wider- / spruchsvoll
wäre es daher, wenn es ein Ganzes gäbe, das selbst nur ein einziges,
bestimmtes Etwas, ein bestimmtes S t ü c k wäre, das sich daher in
den Gliedern nicht darstellen könnte. Es leuchtet ein: daß das Ganze
als s o l c h e s kein Dasein haben kann, es bleibt im Vorsein; die
Einzeltatsachen sind alle gliedhaft bestimmt, in ihnen erscheint das
Ganze. — Nur indem das Ganze vor dem Teile ist, ist eine geord-
nete Welt, ein χοσμος, möglich. Wäre der T e i l v o r d e m G a n -
z e n , dann könnte durch Ausschütten von Atomen die Welt, durch
Ausschütten von Millionen Buchstaben das Nibelungenlied ent-
stehen, was widersinnig ist.
Der Satz „Der Teil ist vor dem Ganzen“ bedeutet: Autarkie oder
Selbstbestand des Einzelnen, bedeutet E i n z e l h e i t s l e h r e
o d e r
I n d i v i d u a l i s m u s , Atomismus, Unganzheit; der
Satz „Das Ganze ist vor dem Teile“ bedeutet: Gliedhaftigkeit des
Einzelnen, bedeutet G a n z h e i t s l e h r e o d e r U n i v e r s a -
l i s m u s
1
.
1
Vgl. darüber meine Bücher: Gesellschaftslehre, 3. Aufl. Leipzig 1930,
S. 561 ff.; Fundament der Volkswirtschaftslehre, 5. Aufl., Graz 1967, S. 367 ff.
(= Gesamtausgabe Othmar Spann, Bd 3).