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zu jenem Ausfließen führen, das dann wieder irgendwie ein natur-
hafter, mechanischer Vorgang sein müßte.
Ob nun die Vorstellung der Emanation mehr geistig oder mehr
stofflich gedacht wird, sie führt notwendig zum Naturalismus; der
Begriff des Schaffens als Emanation vernichtet ferner den Schöpfer
insofern, als nach stattgefundener Emanation nicht er, sondern das
aus ihm H e r v o r g e g a n g e n e das eigentlich Wirkliche wäre,
nämlich das Endgültige, Letzte! Der Schöpfer wäre dann nur Durch-
gangspunkt, er wäre dann zum Zwecke des Geschöpfes geworden
(emaniert). Die Vernunft fordert aber umgekehrt, daß Gott der
einzige Selbstzweck sei; alles Geschaffene muß in ihm seinen höch-
sten Zweck finden.
Zwischen Emanation und Schaffen ist ein grundsätzlicher Unter-
schied. Das Austreten des (schon fertig gedachten) Jungen aus dem
Mutterleibe ist kein Schaffen, sondern nur ein mechanisches Aus-
gehen dessen, was schon fertig in einem Raume ist. Dagegen ist das,
was ihm vorherging ein Schaffen, nämlich jene Zeugung, in der die
entscheidende Neubildung geschah. (Es folgt auch ein unaufhörliches
Schaffen nach, das sogar in der körperlichen Geburt fortdauert,
aber mit dem räumlichen Austreten nichts zu tun hat.) Was bei der
Zeugung und dem Ausgebären bildend ist, ist nicht ausfließend, son-
dern ist dadurch bildend, daß die plastischen Kräfte des Lebens nach
einem inneren Vorbilde frei walten, das heißt schaffen, im Taubenei
nach dem Vorbilde der Taube, im Hühnerei nach dem Vorbilde des
Huhns.
Wenn Schaffen keine Emanation ist, dann ist auch jede p a n -
t h e i s t i s c h e E r k l ä r u n g des göttlichen Schaffens, und
entsprechend des menschlichen, unhaltbar. Nach pantheistischer /
Vorstellung — in der Geschichte der Philosophie gibt es bezeich-
nenderweise kaum einen vollständig a u s g e f ü h r t e n Pantheis-
mus, aber immer wieder pantheistische Fehlbegriffe und Teiltheo-
rien — müßte der Schöpfer im Geschöpfe selbst wohnen und folg-
lich auch in ihm u n t e r g e h e n
1
. Darum ist es nur folge-
richtig, wenn der echte Pantheismus den persönlichen Gott leugnet.
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Jene pantheistischen Versuche, die dieser Folgerung entgehen wollen, lassen
wir hier beiseite. „Panentheismus“, der einen persönlichen Gott annimmt (Schel-
ling, Krause), verstehen wir nicht unter Pantheismus (Spinoza). Hier sind nur
die Worte ähnlich, nicht die Begriffe.