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von Bestimmtheit. Ebenso wenn Chaos als erster Keim gefaßt
würde.
Keinesfalls kann also das Urschaffen aus dem Chaos die / Welt
schaffen. Ist das Chaos ein „Nichts“, dann schafft das Urschaffen die
Welt ohnehin aus Nichts. Wäre aber das Chaos eine nur zum Teil
in Unordnung geratene Welt, die Gott wieder einrichtet, dann
handelt es sich nicht um ein Urschaffen, sondern um ein erneuern-
des Schaffen.
Ebensowenig kann der Mensch je mittels eines Chaos schaffen,
wenn dieses als schlechthinnige Unordnung gedacht würde. Der
Mensch kann zwar einen „in Unordnung geratenen“ Gegenstand
wieder in Ordnung bringen, der Feldherr zum Beispiel ein in Un-
ordnung geratenes Heer; aber nur deshalb, weil nicht a l l e s , was
ihm entgegentritt ohne Ordnung ist, sondern doch einiges noch in
Ordnung. Der Feldherr zum Beispiel bedarf zu jener Aufgabe einer
Welt, deren Gesetze gelten, er bedarf der Männer von Ehre usw.
Mit diesem Festhaltenden kann er arbeiten. Vor jedem abgeleiteten
Schaffen ist schon eine Welt nötig. Daraus folgt allgemein:
„ K o s m o s i s t v o r C h a o s“.
Vor dem menschlichen Schaffen ist die Welt (aber das N e u e , das
in dieser vorgegebenen Welt hervorgebracht wird, ist allerdings
nicht aus dieser Welt und in diesem Sinne ist es aus dem Nichts).
Hiermit stimmt auch der Satz unserer „Kategorienlehre“ überein
„Ganzes kommt nur aus Ganzem“. Dem entspricht endlich der oben
angeführte Aristotelessatz: Das Wirkliche ist vor dem Möglichen
1
.
Die Sätze der Ontologie fordern überall, daß Kosmos vor Chaos
sei. Die Lehre vom Chaos und vom Schaffen der Welt aus einer vor-
gegebenen Materie dagegen ist begriffswidrig. Vor dem Urschaffen
sind weder Materie noch Chaos. Gott hat die Welt aus Nichts ge-
schaffen, wie er sie i m m e r z u n o c h a u s N i c h t s —
a u s d e m r e i n e n S c h ö p f e r g e d a n k e n , a b e r a u s
k e i n e m M a t e r i a l — s c h a f f t .
Daher ist auch endlich vor dem abgeleiteten Schaffen / nicht das
Chaos, vielmehr das jeweils nächsthöhere Schaffen und zuletzt das
Urschaffen.
1
Siehe oben S. 30 und Weiteres darüber unten S. 92 ff.