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Darum das Gewoge, das selige Gedränge der Eingebungen („Ich höre bald

der Hirtenflöten Klänge ... Bald weinbekränzter Jugend Lustgesänge ...“) wie

es der vierte Absatz schildert.

Im Aufnehmen der Eingebung, im Schaffen, erwacht die tiefste Kraft, die

heiligste Geisteslust:

„Und welch Gefühl entzückter Stärke ...

... Vom ersten Mark des heut’gen Tags getränkt,

Fühl’ ich mir Mut zu jedem frommen Werke.

Die Seele fliegt, soweit der Himmel reicht,

Der Genius jauchzt in mir!...“

Die innere Geburt ist vollzogen, ein Weiteres harrt, das ausgebärende, aus-

gestaltende Schaffen mit der eigenen, kleineren, mühsameren Kraft: auch dies

noch ein herrliches Tun — ja, das eigentliche, leuchtend sichtbare Bilden nach dem

willigen, träumenden Empfangen.

„ . . . der Tag

Beginnt im Sprung die königlichen Flüge!“

/

Was Mörike hier schildert, ist die hohe Eingebung, die an der Grenze der

menschlichen Natur liegt und ihr nur schwer erreichbar ist. Je mehr der Einfall

im Bereiche des Gewöhnlichen liegt, um so leichter stellt er sich ein. Er ist dann

in der Grundbegabung der Menschlichkeit eingeschlossen, hört aber darum nicht

auf, Einfall, Eingebung zu sein. Was einem jungen Menschenkinde leicht ist und

wie von selbst einfällt, wird zum Beispiel einem jungen Hunde nicht einfallen,

wird ihm unerschwinglich sein.

Wenn wir bisher nur Beispiele der künstlerischen Eingebung

brachten, so geschah es lediglich darum, weil hier alles am deutlich-

sten in die Augen springt. Diese Beispiele beweisen aber für alle

andern, denn alle Eingebung ist von gleicher Natur. Das möge für

die wissenschaftliche Eingebung noch durch folgende Bemerkung

des Sprachforschers Max M ü l l e r über F r i e d r i c h S c h l e -

g e l erläutert werden. „Es gehörte“, sagt Max Müller, „eine Art

von p o e t i s c h e r V i s i o n dazu, mit einem einzigen Blicke

die Sprachen Indiens, Persiens, Griechenlands, Italiens und Deutsch-

lands zu umfassen und sie mit dem einfachen Namen indogermani-

sche Sprachen' fest aneinander zu knüpfen. Dies war Schlegels Ver-

dienst, und er hat damit in der Kulturgeschichte eine neue Welt

entdeckt.“

1

Ohne Eingebung wäre es übel um die Wissenschaft bestellt, wäre

keine echte Erkenntnis möglich. Nur im Schauen wird der Gottheit

ein Funke ihres heiligen Feuers entrissen.

1

Max Müller: Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache, 2. Aufl.,

Leipzig 1866, S. 138, angeführt bei Otto Willmann: Philosophische Propädeutik,

Teil 2: Empirische Psychologie, 3. und 4. Aufl., Freiburg i. Br. 1913, S. 117.