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der Plattheit zugleich, aber gerade darum ist sie mächtig und darf

nicht übergangen werden.

Der Meinung, daß alle Einfälle, besonders auch die alltäglichen, aus bloßer

Verbindung (Kombination) der Vorstellungen zu erklären seien, traten wir schon

früher entgegen

1

.

Feinfügiger wäre schon der Einwand, daß es sich bei Eingebungen nur um

außerordentliche Geisteserscheinungen und um solche des höchsten Geisteslebens,

wie besonders der künstlerischen Hervorbringungen handle. Auch dieser Einwand

ist nach allem, was wir oben darlegten, nicht stichhaltig. Es ist das Weset' des

Geistes, nicht zu ruhen und zu rasten. Wie die Natur immer in Bewegung ist,

hat der Geist unaufhörlich die Fülle der Gesichte. Aber ihre Beschaffenheit, ihr

Wert ist allerdings ungeheuer verschieden. Wir verweisen nur auf das über die

„Ideenflucht“ Ausgeführte

2

.

Der schon berührte Haupteinwand vom Standpunkte der empiristischen Psy-

chologie wäre der: daß es sich bei allen „Einfällen zuletzt nur um umgebildete,

sublimierte“ Sinneseindrücke und Erfahrungen handle, die vergessen wurden, im

Unbewußten untertauchten und dann später in neuer Verbindung als „einge-

geben“ und als „vorgefunden“ erscheinen, während sie in Wahrheit der eigenen

Erfahrung entstammten. — Dieser Einwand kann aber keinesfalls und offen-

sichtlich das Neue weder an den / höheren geistigen Hervorbringungen noch

auch an den niederen erklären. Gewiß beherrscht der Meister seinen Stoff voll-

kommen, wie auch Napoleon von sich sagte, daß er unaufhörlich neue Kombi-

nationen versuche, die er dann im Bedarfsfalle als B a u s t e i n e zur Verfü-

gung hatte. Aber das Schöpferische liegt hierin nicht. Die M u s i k d e r

„ Z a u b e r f l ö t e “ , d i e I X . S y m p h o n i e B e e t h o v e n s i s t a u s k e i -

n e n E r f a h r u n g s e l e m e n t e n a b z u l e i t e n . Woher käme dann das

N e u e , das in ihnen liegt? und das selbst im gewöhnlichsten Denken nicht

fehlt! Der Empirismus kann eben darum die grundlegende Erscheinung der „Be-

gabung“ selbst nicht erklären, wie wir oben

3

nachwiesen.

Das grundsätzliche Verhältnis, das hier obwaltet, besteht darin: Die E i n -

g e b u n g g e s c h i e h t w o h l m i t t e l s d e s v o r g e f u n d e n e n S c h a t -

z e s v o n V o r s t e l l u n g e n , E m p f i n d u n g e n , E r l e b n i s s e n ; s i e

i s t a b e r k e i n e b l o ß e „ Z u s a m m e n s e t z u n g “ , „ V e r b i n d u n g “ ,

„ V e r f e i n e r u n g , „ S u b l i m i e r u n g “ d e r s e l b e n . Wäre sie eine bloße

Zusammensetzung der Vorstellungen, dann wäre nichts Ursprüngliches, Neues in

ihr (das Ganze ist stets m e h r als die Teile!) und ferner wäre sie rein zufällig.

D a n n m ü ß t e m a n d a s N i b e l u n g e n l i e d a u s d e m A u s s c h ü t -

t e n v o n M i l l i a r d e n B u c h s t a b e n e r k l ä r e n k ö n n e n , das zu-

fällig einmal diese Zusammensetzung ergab

4

.

Die Eingebung enthält aber absolut Neues, dieses Neue ist es, das durch die

schon vorhandenen Vorstellungsmittel ausgedrückt werden soll! Papagenos Zau-

berglöckchen drücken den Zauber und nie erlebtes Entzücken, den Bann dieses

Entzückens aus. Die Töne waren alle schon vorher da und bekannt. Das Einge-

gebene, das ewig Neue und Unerhörte daran ist es, das den Bann der Ent-

zückung über alle schlägt.

1

Siehe oben S. 189 f. und 216.

2

Siehe oben S. 216 und unten S. 222 f.

3

Siehe oben S. 207 f.

4

Vgl. mein Buch: Kategorienlehre, 2. Aufl., Jena 1939, S. 70 ff. und öfter.