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216

[234/235/236]

fachter Weise

1

. Dem einfachen Menschen wird nur das Einfache

eingegeben. Auch sein Geist / ist „begabt“ und wird ebenso ruhe-

los bewegt wie der des andern. Jede Mutter kennt die Begabung

ihres Kindes. Die Fülle der Gesichte ist immer da, beim hohen und

gesammelten Geiste sind es die hohen, beim niederen und zerstreu-

ten Geist die niederen Gesichte. — Ein S c h w a r m e n d l o s

s i c h d a r b i e t e n d e r B i l d e r , E i n f ä l l e , V o r s t e l -

l u n g e n , G e d a n k e n , G e f ü h l e , A n r e g u n g e n , A n -

w a n d l u n g e n , A u f f o r d e r u n g e n d u r c h z i e h e n u n -

a u f h ö r l i c h d e n G e i s t j e d e s M e n s c h e n . Wer sich

ihm allzu untätig und erleidend überläßt

2

, fällt daher der I d e e n -

f l u c h t anheim — ein Begriff, der aufs deutlichste die Eingebung,

das ruhelose „Geschaffenwerden“ am Grunde unsres Geistes anzeigt!

Schon das gewöhnliche, zusammenhängende Denken, wie es der gesunde Haus-

verstand in den gemeinen Angelegenheiten des Lebens verlangt, verrät insofern

die Vorgeschaffenheit selbst dieses einfachen Denkens, als es nicht in „Ideen-

flucht“ verfallen darf! Die Flucht der Ideen und Anwandlungen ist nicht etwa

mit dem Worte „Assoziation“ abzutun! Denn selbst die bloß „mechanisch“ asso-

ziierten Inhalte (wenn es Mechanisches im Geiste überhaupt gäbe) könnten nicht

uneingegeben da sein, sie müßten irgendwoher stammen.

Bedenken wir das alles, so folgt daraus ein dem Hauptverfahren

der neueren Seelenlehre entgegengesetztes Ergebnis: Das Leben des

Geistes darf nicht so betrachtet werden, als baue es auf die Sinnes-

eindrücke auf und erschöpfe sich in deren Verarbeitung (wie es

nicht nur die Assoziationspsychologie, sondern in verfeinerter

Weise im Grunde fast alle heutigen Schulen ansehen); das Gegenteil

ist richtig. Der m e n s c h l i c h e G e i s t w ä c h s t w i e d i e

W e l t e s c h e , d i e i h r e W u r z e l n i m H i m m e l u n d

i h r e n W i p f e l a u f d e r E r d e h a t , v o n o b e n h e r -

u n t e r . Die ganze Schöpfung hat diese Weise der Weltesche. Das

zeigt die Seinslehre mit ihrem Hauptsatze „Schaffen aus Geschaf-

fenwerden“. Das wird auch die Ideen- / lehre zeigen. Wie in der

Seinslehre so muß auch in der Geisteslehre die Herabgliederung

1

Die mit den Lebensverrichtungen des Organismus verbundenen Erschei-

nungen, die „Triebe“ usw. sind von den oben behandelten Erscheinungen aus-

geschlossen und streng zu trennen; siehe darüber unten S. 261 ff.

2

Das heißt ohne „acceptatio“ und ohne „executio“, siehe unten S. 222 ff.