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Die innere Sinnlichkeit hat infolge ihrer vorbewußten Bedingt-
heit für die höhere Schichte des Geistes Vorgefundenheit und in
diesem Sinne „Gegenständlichkeit“ an sich. Dennoch ist diese Ge-
genständlichkeit nicht nur nach Maßgabe der Annahme eine bloß
verhältnismäßige, sondern auch nach Maßgabe des Charakters.
D e n n d a s , w a s d e r i n d i v i d u e l l e G e i s t i n G e -
z w e i u n g h ö h e r e r O r d n u n g m i t d e m l e i b l i -
c h e n O r g a n i s m u s a n i n n e r e r S i n n l i c h k e i t
s e t z t , m u ß a l s s e i n e m G e s a m t c h a r a k t e r e n t -
s p r e c h e n d g e d a c h t w e r d e n . Es besteht eine Einheit
zwischen Triebleben und Seele, aber allerdings nur durch Entspre-
chung, das heißt nur eine vermittelte Einheit. Auch diese Ver-
mitteltheit kann aber wesentlich geschwächt und gestört werden,
sobald nämlich äußere Störungen im leiblichen Organismus hinzu-
kommen, zum Beispiel Gift, Ansteckung, Krankheit, Geisteskrank-
heit, soweit sie ebenfalls in der körperlichen Ebene ihren Grund hat.
Denn da in der Gezweiung höherer Ordnung zwei s e l b s t ä n -
d i g e Wirklichkeitsreihen einander gegenübertreten, so k a n n
d i e K r a n k h e i t s o w o h l s t o f f l i c h e w i e a u c h
g e i s t i g e G r ü n d e h a b e n
1
.
/
Die innere Sinnlichkeit, die dem höheren Geiste gleichwie ein
Gegenstand entgegentritt, ist sein eigener Gegenstand, gleichsam
sein objektiviertes Subjekt.
Die innere Sinnlichkeit ist dem irdischen Geiste, da er von Anbe-
ginn auf Leibgestaltung, auf Verbindung mit der räumlich-zeitli-
chen Welt angelegt ist, so unentbehrlich wie dem Körper die Luft
zum Atmen. Nach Hegel ist „nichts Großes in der Welt ohne Lei-
denschaft vollbracht worden“
2
. Diese tiefe Bemerkung zeigt uns,
daß in der inneren Sinnlichkeit der eigentliche Machtwille, das
M a c h t m i t t e l d e s G e i s t e s liegt, seine Unterlage, sein
Werkzeug, sein Mittel zu leben und nach außen zu wirken.
1
Siehe unten S. 288 f.
2
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Philosophie der Geschichte, herausgege-
ben von Friedrich Brunstäd, Leipzig 1907, S. 59 (= Reclams Universalbibliothek,
Bd 4881—85). — Die Hegelische Schule nahm diese Lehre auf, vgl. Johann Eduard
Erdmann: Grundriß der Psychologie, 4. Aufl., Leipzig 1862, §§ 56, 151 und öfter.