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IL Die äußere Sinnlichkeit
Von der inneren, im Triebleben lebendigen Sinnlichkeit unter-
scheidet sich die durch die Sinnesorgane des Sehens, Hörens usw.
vermittelte Sinneserfahrung, die ä u ß e r e S i n n l i c h k e i t .
Sie bildet keinen inneren „Geistesgrund“, sondern eine äußere
U m w e l t . Als solche k a n n sie zu Sinneserfahrung werden, sie
ist es aber noch nicht von selbst. „Umwelt“ ist sie zunächst nur dem
Vermögen nach. Denn der äußere „Reiz“ bedarf in noch höherem
Maße der freien Annahme und des darauffolgenden Vollzuges wie
die innere Sinnlichkeit. Der „Umwelt“ gegenüber hat das Geistige
einen weitgehenden Vorrang.
Die Sinneserfahrung besteht aus einer „äußeren“ Anschauung. Da
ist es wichtig, sich ausdrücklich klarzumachen, daß die Sinnes-
empfindung nicht einer mechanischen Einwirkung von außen,
einem mechanischen „Eindruck“ entspringt, wie die sensualistische
Ansicht naiv annimmt, sondern daß sie — selbst wenn die „An-
nahme“ gar nicht mehr frei ist, wie zum Beispiel bei / großer Hitze
durch Feuer — in dem Sinne stets eine selbständige Tätigkeit des
Seelischen in uns ist, daß sie (sogar physiologisch) sich als eine art-
eigene Gegenwirkung der Sinnesorgane auf den Reiz darstellt.
Einen sinnlichen Eindruck an sich gibt es nicht. Die mechanisti-
sche Formel „Reiz : Zustandsänderung des Sinnesorganes und der
zugehörigen Nervenzentren: Sinnesempfindung“ als ein in sich be-
schlossener Vorgang (der ohne tätige Mitwirkung der Seele mög-
lich wäre) ist unhaltbar. N o t w e n d i g s i n d d i e h ö h e -
r e n G e i s t e s t ä t i g k e i t e n a l s d a s A u f f a s s e n d e , U n -
t e r s c h e i d e n d e ,
E i n g l i e d e r n d e ,
F o r m g e b e n d e
b e i j e d e m E n t s t e h e n s i n n l i c h e r E m p f i n d u n g
m i t d a b e i . Ein nicht aufgefaßter „Eindruck“ wäre keiner. Die
auffassenden höheren Geistestätigkeiten sind logisch vor der Sin-
nesempfindung da (wenn sie auch erst mit ihr aktuiert werden).
Das sinnliche Chaos wäre auch das Nichts. Chaos ist überall nicht
möglich, steht niemals am Anfange, weder in der Natur noch im
Geiste. Kosmos ist vor Chaos
1
. Nicht hinterdrein kann der auf-
fassende Geist die formlosen Eindrücke sammeln und zur Empfin-
1
Siehe oben S. 67 ff.