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darum ist selbst das Denken des Gegenstandes kein rein rationaler

Vorgang! Wir sahen oben, daß das Wissen des Gegenstandes (das

Vorstellen) durch ein Gewußtwerden in Gezweiung — ein führen-

des oder geführtes Gewußtwerden — mitbedingt ist; wir sahen

ferner, daß im Denkvorgange selber nicht etwa eine bloße „Ver-

bindung von Vorstellungen“ (von Wissen des Gegenstandes) ge-

geben ist, sondern daß es zum Denken nur kommt: indem das Ge-

dachte selbst rückverbindend wird, indem das Gedachte seinerseits

setzend wird (zum Beispiel indem es in der Schlußkette aus den

Prämissen die Folgerungen entfaltet) und das Gesetzte (das Gefol-

gerte) in sich rückverbunden enthält (in der Prämisse sind alle Fol-

gerungen rückverbunden).

Liegt aber schon im Denken selbst ein nicht-denkerischer (irratio-

naler) Vorgang, um wieviel mehr im Ganzen des / Geistes über-

haupt! Der Geist hat über dem Denken den Glauben, die Annahme

und das Schauen, nach dem Denken das Gestalten und Ausführen

des Gedachten und Geschauten und in allem die Gezweiung. Ferner

erinnern wir an die „Hingebung“ in der Gezweiung, die zur An-

nahme führt, und an das selbständig Ausgebärende (Aktuierende),

also Schöpferische des Handelns. Daß auch die anderen Quellen der

geistigen Inhalte, die äußere Sinnlichkeit und die innere Sinnlich-

keit (außer der Sinnlichkeit höherer Ordnung, des Schauens) irra-

tional gegeben sind, liegt klar zutage.

Wäre also auch das Wissen rein rationalistisch faßbar, so hat es

doch nicht jene alleinherrschende Stellung im Gesamtleben des Gei-

stes, die ihm der Rationalismus zuschreibt. Wohl ist das Wissen die

Sonne unter Glauben, Schauen, Gestalten, der hellste Punkt des

Geistes, wie wir früher sagten. Aber Glaube, Schauen, Gestalten

l e i t e n s i c h n i c h t v o m W i s s e n ab. Und dies allein ist

entscheidend.

Im Leben des Geistes herrscht ein Fluß schöpferischen Geschehens,

in welchem eine Schaffenstat die andere weitergibt und gleichsam

aus der Taufe hebt. Darum ist sogar das Wissen vom Gegenstande

nicht nur eine Vorstellung (ein Bild, ein Sich-bewußt-Werden, ein

nachträgliches Beleuchten) des Gegenstandes, sondern die Verwirk-

lichung einer Setzung, eine schöpferische Tat des Geistes — das

Weitergeben des Geschauten zum „Wissen“ —, die zwar den Geset-

zen des Seins entquillt („Übereinstimmung von Denken und Sein“),