346
[384/385/386]
nein!, das V e r g a n g e n e u n d d a s Z u k ü n f t i g e s i n d
m i t w i r k l i c h i n d e r G e g e n w a r t . Und / zwar ist die
jeweils ganze Vergangenheit mitwirklich in jeder Gegenwart, weil
sie deren Grundlage ist (in dem Schüler der zweiten Klasse ist seine
ganze Vergangenheit Grundlage des gegenwärtigen Lernens); und
die Zukunft ist als ganze mit-dabei in jeder Gegenwart, allerdings
nur soweit sie im jeweiligen Umgliederungszusammenhange vor-
weggenommen wird. Zum Beispiel ist die Zukunft des Schülers nur
so weit vorweggenommen, als der Lehrplan reicht, also etwa bis
zum vierzehnten Jahre beim Volksschüler oder bis zum vierund-
zwanzigsten Jahre beim Hochschüler. — Bezeichnen wir die Art
des Wirklichkeit-Seins der Vergangenheit in der Gegenwart als
„Grund machend“ für diese Gegenwart (ähnlich wie der erste Vor-
dersatz in jedem folgenden Schluß der Schlußkette Grund machend
ist, die sonst, wenn jener Vordersatz als Grundlage fehlte, in sich
„zusammenbräche“); und bezeichnen wir die Art, wie die Zukunft
an der Gegenwart teilnimmt, nämlich wie das ferne Ziel schon in
jeder vorherigen Handlung dabei ist, als sich-einbildende oder vor-
gegenwärtige, so kommen wir zu folgendem Ergebnisse:
Der Augenschein täuscht, wonach jeweils nur die Gegenwart
wirklich wäre. Wäre nur die Gegenwart allein wirklich, so zerfiele
der Umgliederungszusammenhang und damit die Zeit selbst. Wenn
die Abschnitte der Zeit nicht aufeinander wesenhaftesten Bezug
hätten, wäre sie keine „Zeit“ mehr (wie wir denn annähernd von
einem „gebrochenen Dasein“ sprechen). Gegenwart ist nur dadurch
wirklich, nämlich nur dadurch ein Zeitglied, daß in ihr die Ver-
gangenheit als Grund machende Mitwirklichkeit e n t h a l t e n
und ferner nur dadurch wirklich, daß in ihr auch die Zukunft (oder
irgend etwas Zukünftiges) als zielgebende, als vorgegenwärtige Mit-
wirklichkeit e n t h a l t e n ist. Unterscheiden wir diese notwen-
dige „Mitwirklichkeit“ oder Enthaltenheit der Vergangenheit und
der Zukunft als „mittelbare“ oder „vermittelte“ Wirklichkeit (weil
sich Vergangenheit / und Zukunft nicht unmittelbar, sondern nur
v e r m i t t e l s der jeweiligen Gegenwart kundtun) von der Ge-
genwart als der „vermittelnden“ Wirklichkeit (weil sie es ist, die
Vergangenheit und Zukunft jeweils vermittelt und trägt) oder un-
mittelbaren Wirklichkeit, so gilt:
Es ist n i c h t r i c h t i g , d a ß n u r d i e G e g e n w a r t