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tiges, kein Kontinuum sein — dann könnte sie aber auch gar nicht

sein, bei zerstückten, aufeinander nicht bezogenen Ausgliederungen

gäbe es überhaupt keine Zeit. Die Zeit kann darum nur als Stetiges

oder gar nicht gedacht werden! Die Zeit ist ein Gewebe ohne Naht.

Als bloßes „Nacheinander“ aufgefaßt, wie man die Zeit so oft zu

erklären pflegt, nämlich als ein Nacheinander der Ereignisse für sich,

als stückweise Aneinanderreihung der Zeitschritte, als bloße Zer-

streutheit der Umgliederungen, ist die Zeit ganz und gar undenk-

bar. Der mechanische Zeitbegriff, wie er in jenem bloßen „Nach-

einander“ und bloßen Aneinanderreihen bestimmt zu werden pflegt

(einem Nacheinander, in welchem der Bezug auf eine Einheit und

Endlichkeit fehlt!) ist unvollziehbar! Nur weil sich jene Zerstückt-

heit auf ein Beharrendes, auf ein nicht in die Zeit Heraustretendes

gründet, nur darum ist Zeit möglich. Dies muß immer wieder ge-

sagt werden. Aber eben darum und darum allein kann kein Zwi-

schenraum, kein Leeres zwischen den Setzungen oder Zeitgliedern

entstehen, nur darum ist Stetigkeit oder Kontinuum! Das in der

Zeit Erscheinende, die umgliedernden Setzungen, sind dagegen frei-

lich deutlich und notwendig voneinander „abgesetzt“, zwischen

ihnen herrscht Trennung und klare Scheidung, also das Gegenteil

von Kontinuum. Nur die Zeit hat Stetigkeit (Kontinuum), der In-

halt der Zeit ist notwendig unstetig (diskontinuierlich, sprunghaft).

Die Stetigkeit liegt daher in der Ganzheit, nicht in den Umgliede-

rungsteilen, sie liegt im Zeitlosen, das der Umgliederung / zugrunde

liegt. Nur die Einheit in der aufeinanderfolgenden Vielheit, nur

das Zeitlose (Lückenlose) in der Zeit machen, daß das Getrennte den-

noch s t e t i g verbunden ist. Stetigkeit ist Auswirkung, ist Er-

scheinungsform des Überzeitlichen. Darum hat Stetigkeit den Vor-

rang vor (gliedhafter) Getrenntheit.

Die Stetigkeit ist ein herrlich offenbares Geheimnis der Zeit.

Endlich sehen wir durch das Dargelegte ein, daß das Wesen der

Zeit nicht schon mit ihrer Stetigkeit selbst bezeichnet ist. Nicht die

Stetigkeit macht die Zeit, denn sie ist vielmehr nur ein Zeitloses in

der Zeit, sondern die Getrenntheit der Ausgliederungsschritte nach

Art der Umgliederung macht die Zeit; durch diese Getrenntheit

erst wird ja die Ausgliederung zur Umgliederung

1

. Dieses Diskon-

1

Siehe oben S. 341 ff.