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a l l e i n w i r k l i c h s e i . R i c h t i g i s t n u r , d a ß d i e
G e g e n w a r t a l l e i n u n m i t t e l b a r e W i r k l i c h k e i t
h a t , w ä h r e n d V e r g a n g e n h e i t u n d Z u k u n f t b l o ß
m i t t e l b a r e W i r k l i c h k e i t h a b e n . Aber die unmittel-
bare Wirklichkeit jeder Gegenwart ist nur dadurch möglich, daß
sie die Wirklichkeit der Vergangenheit und der Zukunft v e r m i t -
t e l t , womit diese mittelbaren Wirklichkeiten in ihr als der un-
mittelbaren Wirklichkeit enthalten sind.
Man kann diese Unterscheidung noch dahin vervollständigen,
daß die Gegenwart unmittelbare Wirklichkeit, die Vergangenheit
passiv mittelbare (sofern Grund machende) Wirklichkeit, die Zu-
kunft aktiv mittelbare Wirklichkeit habe.
Ferner kann man diese beiden Wirklichkeitsarten mit dem her-
kömmlichen Namen als die „Dimensionen“ der Zeit bezeichnen
(von deren Einheit wir früher sprachen und die hier wieder offen-
bar wurde
1
). Weil diese Dimensionen nicht bestimmungslos sind
(nicht „neutral), sondern eine ganz bestimmte Gliedhaftigkeit ha-
ben, so ergibt sich daraus notwendig die N i c h t - U m k e h r -
b a r k e i t d e r Zei t
2
.
E. D i e S t e t i g k e i t d e r Z e i t
Erkennt man die Zeit als Umgliederungsgang, der sich nur am
Einheitsbezug des bei sich selbst bleibenden, nie verformten For-
menden, nie ausgegliederten Ausgliedernden, der Ganzheit, voll-
zieht, dann begreift man auch, daß und inwiefern sie in sich „Ste-
tigkeit“ oder Kontinuum haben muß. Die Umgliede- / rung be-
steht darin, daß das Ausgegliederte wieder zurückgenommen und
neu ausgegliedert wird. Hierin liegt ein bedingungsweise Getrenn-
tes, Diskretes. Aber diese Trennung betrifft nur die Umgliederungs-
handlungen als einzelne, das heißt den I n h a l t der Zeit, nicht die
in sich selbst stetige, lückenlose B e z u g n a h m e der Umgliede-
rungshandlungen. Als bloßes Stückwerk, nämlich in der Zerstückt-
heit der Umgliederungen nebeneinander, könnte die Zeit kein Ste-
1
Siehe oben S. 340.
2
Siehe darüber unten S. 353 f.