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407

den A l l g e m e i n b e g r i f f in sich; das Einzelding als Gegen-

stand der sinnlichen Wahrnehmung,

αΐσθητόν,

ist das Individuelle

(νόησις

νοητόν; δόξα

αίοθητόν). —

Als Erkenntnisgrund sind

die Ideen, mit einem aristotelischen Ausdrucke, das Eine im Vie-

len, das

έν έπί πολλών.

Die Idee ist eine ontologische und dadurch

auch eine logische Einheit.

Die Idee als G e d a c h t e s o d e r G e d a n k e n d i n g

(

νοητόν

)

wird

am besten veranschaulicht durch folgende Anekdote, die uns Simplicius aufbe-

wahrt hat: Der Kyniker Antisthenes sagte im Streite zu Platon: „O Platon, das

Pferd sehe ich, die Pferdheit

[

ίππότητα

,

die Idee des Pferdes als

νοητόν

]

aber

sehe ich nicht! Dieser versetzte: Du hast eben nur das Auge, mit dem man Pferde

sieht, aber das Auge, mit dem man die Pferdheit sieht, hast du noch nicht.“

1

In welchem Verhältnisse stehen die Ideen zueinander? Sie bilden

das R e i c h d e r I d e e n . Es kann unmöglich jede Idee abge-

trennt von jeder anderen betrachtet werden, sie / müssen ein Reich,

eine Gemeinschaft der Ideen bilden, eine

κοινωνία τών γενών

2

.

Platon spricht von der obersten, allbeherrschenden Idee. Im „So-

phistes“ bezeichnet er als die oberste Idee die Idee des Seienden,

τό όν,

und als ihr untergeordnete Ideen, die man als K a t e g o r i e n

des Seienden (der Ideen) bezeichnen kann: die Ideen der Bewegung

und Ruhe, der Einerleiheit und Verschiedenheit. Im „Staate“ aber

bezeichnet er die oberste Idee, die Idee des Guten, als „jenseits der

Wesenheit“ oder des Seins der Ideen

3

. „ . . . unter dem Erkenn-

baren ist das Letzte die Idee des Guten und kaum zu sehen, aber,

einmal erschaut, ist sie zu erschließen als die Ursache aller rechten

und schönen Dinge für alle, sie die im Sichtbaren das Licht zeugt

und seinen Herrn, im Denkbaren

(έν τε νοητώ)

aber selbst als

Herr Wahrheit und Geist verleiht, daß man sie sehen muß, um ein-

sichtig zu handeln als Einzelner und im Staat.“

4

Die Idee des Guten

gibt den Dingen nicht nur die Erkennbarkeit

(τό γιγνώσκεσθαι)

sondern auch noch Sein und Wesen, „ohne daß das Gute das Sein

1

Mitgeteilt bei Paul Deussen: Die Philosophie der Griechen, 4. Aufl., Leip-

zig 1923, S. 200 nach Aristoteles, Categ. scholia ed. Brandis, p. 66 b, 46. — Vgl.

Diogenes Laertius, VI, 53, 54.

2

Vgl.

μέγιστα των γενών,

p. 254 d.

3

έπέκεινα τής ούσίας,

Staat, 509 b.

Das gibt mit dem Sein fünf Kategorien:

όν, κίνηοις, στάσις, ταύτόν, θάτερον.

4

Staat, 517 b f., deutsch von Wilhelm Andreae: Platons Staatsschriften,

Teil 2: Staat, Jena 1925, S. 543 (= Die Herdflamme, Bd 6).