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vor, und bestimmt sich je nach den verschiedenen Fällen verschieden ... Dazu
kommt, daß die Annahme von Ideen folgerichtig zum Fortgang ins unendliche
führen würde; denn soll überall eine Idee angenommen werden, wo mehrere in
einer gemeinsamen Bestimmung Zusammentreffen, so würde auch zu der Idee
und der Erscheinung das diesen gemeinsame Wesen als Drittes hinzukommen
1
. —
Wäre die Ideenlehre indessen auch begründeter... als sie ist, so könnte sie doch,
nach der Ansicht des Aristoteles... in keiner Weise genügen. Denn da die Ideen
nicht in den Dingen sein sollen, so können sie auch nicht ihr Wesen bilden, und
mithin zu ihrem Sein nichts beitragen
2
; ja man kann sich das Verhältnis beider
gar nicht klar denken — denn die Bestimmungen der Urbildlichkeit und der Teil-
nahme, auf die es Platon zurückführt, sind nichtssagende Metaphern
3
. Das be-
wegende Prinzip vollends, ohne das doch kein Werden... möglich ist, fehlt ihnen
gänzlich, und ebensowenig ist die Endursache in ihnen ent- / halten
4
. Auch für
die Erkenntnis der Dinge leisten aber die Ideen nicht das, was von ihnen gehofft
wird; denn wenn sie außer den Dingen sind, so sind sie nicht das Wesen der-
selben, ihre Erkenntnis gewährt uns mithin über dieses keinen Aufschluß“
5
.
Überblicken wir die Einwendungen des Aristoteles gegen Pla-
tons Ideenlehre, wie sie Zeller hier zusammenstellt, so können wir
als die wichtigsten die folgenden bezeichnen:
1.
Die Ideen sind eine unnütze Verdoppelung der Dinge;
2.
es ist unmöglich, daß die Ideen „getrennt“ von den Dingen
(jenseitig, transzendent,
χωρίς)
bestehen; das Sein der Dinge
können sie nicht erklären, weil sie den Dingen nicht innewohnen;
das Werden nicht, weil sie keine Bewegungsprinzipien sind;
3.
das bedeutet insbesondere: die Unvollziehbarkeit des Begrif-
fes der „Teilnahme“,
„μέθεξις“,
der Dinge an den Ideen;
1
Metaphysik, I, 9, 991, 9, 2; VII, 13, 1039 a, 2; vgl. VIII, 6, 1031 b, 28.
Aristoteles drückt diese Einwendung auch so aus, daß er sagt, die Ideenlehre
führe auf den dritten Menschen,
τρίτος άνθρωπος.
2
Metaphysik, I, 9, 991 a, 12 (XIII, 5, Anf.).
3
Metaphysik, I,
9, 991
a,
20, 992
a,
28
(XIII,
5, 1079 b, 24);
I,
6, 987 b,
13;
VIII,
6, 104J b, 7;
XII,
10, 1075 b, 34.
4
Aristoteles: Metaphysik, I, 7, 988 b, 6 c, 9, 992 a, 99 (wo statt öid zu lesen
ist: öiö).
5
Aristoteles: Metaphysik, I, 9, 991 a, 12 (XIII, 5, 1079 b, 15), VII, 6, 1031 a,
30 ff.; vgl. Analytica posteriorum, I, 22, 83 a, 32. — Bei Zeller folgt nun noch der
aristotelische Einwand gegen die Auffassung der Ideen als i d e a l e Z a h l e n ,
die aber für unsere Zwecke nicht in Betracht kommt. — Vgl. Eduard Zeller: Die
Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Teil 2, Abt. 2,
4. Aufl., Leipzig 1921, S. 297 f.
Zur Überprüfung der platonischen Ideenlehre durch Aristoteles vgl. neuer-
dings Werner Jaeger: Aristoteles, Grundlegung einer Geschichte seiner Entwick-
lung, Berlin 1923, S. 91 ff., 127 ff., 182 und öfter; Julius Stenzel: Zahl und Ge-
stalt bei Platon und Aristoteles, Leipzig 1924.