Table of Contents Table of Contents
Previous Page  4718 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 4718 / 9133 Next Page
Page Background

406

[452/453]

b i 1 d e r,

παραδείγματα,

die Dinge die Abbilder und Nachahmun-

gen,

όμοιώματα, μιμήσεις

1

.

Als Muster oder Vorbilder der Dinge

sind die Ideen sowohl das G e l t e n d e w i e d a s N o r m -

g e b e n d e für die Dinge; und für die Dinge erscheint das, was

sie nachbilden, die Idee, als Zweck und Ziel ihres Daseins; die te-

l e o l o g i s c h e B e d e u t u n g der Idee

2

.

Weiterhin ist die Idee gegenüber der formlosen Materie, dem

άπειρον,

das Gestaltgebende,

πέρας,

und die wirklichen Dinge sind

das aus beiden (Form und gestaltlosem Stoffe) Gemischte,

το μικτόν

.

Als das wahrhaft Seiende sind sie ferner das bei sich selbst Bleibende

und Ungeteilte,

ταύτόν, άμερές,

die Materie und die Dinge dagegen

das Andere und Geteilte,

θάτερον, περιστόν

(„Philebos“).

Die e r k e n n t n i s t h e o r e t i s c h e B e d e u t u n g d e r

I d e e ist mit folgenden Worten Platons klar gekennzeichnet: „Von

den Dingen sagen wir: sie würden gesehen, aber nicht erkannt, von

den Ideen dagegen, sie würden erkannt, aber nicht gesehen.“

3

Wie

die Sinnendinge,

αισθητά,

in der Wahrnehmung,

αϊσ

/

θηοις,

g e s e h e n werden, so werden die Ideen von unserem Verstande

e r k a n n t ; in diesem Verhältnisse ist die Idee Gegenstand der

Erkenntnis, Gedankending, Geistesding (das

νοητόν

oder

έπιστητόν

der Erkenntnis,

νόησις

oder

έπιστήμη).

Die Ideenschau, das

heißt intuitive Erkenntnis, intuitives Denken

(νόησις),

das sei-

nen Gegenstand mit einem geistigen Blicke erfaßt, hat Wahrheit an

sich. Eine Unterstufe der

νόησις

ist die

διάνοια,

das diskursive oder

zerlegende Denken, das von Schritt zu Schritt vorwärts schreitet.

Dagegen hat die sinnliche Wahrnehmung,

αϊσθησις,

nur schwan-

kende Geltung; ihr entstammt die Meinung,

δόζα

4

.

Die Idee als Gedankending

(νοητόν, έπιστητόν)

schließt zugleich

1

Platon: Staat, 484 c; Timaios, 38 b, 49 a.

2

Die Ansicht Lotzes, daß Platon unter den Ideen nur die Geltung verstanden

hätte, welche von den Neukantianern aufgenommen wurde, ist abzulehnen, wie

man sie denn auch von neukantischer Seite selbst bereits wieder fallen ließ. —

Hermann Lotze: Logik, Drei Bücher vom Denken, vom Untersuchen und vom

Erkennen, Leipzig 1912, §§ 318 ff. (= Philosophische Bibliothek, Bd 141).

3

Platon: Staat, 507 b, deutsch von Wilhelm Andreae: Platons Staatsschriften,

Teil 2: Staat, Jena 1925, S. 519 (= Die Herdflamme, Bd 6).

4

Vgl. Platon: Theaitetos oder Vom Wissen, in der Übersetzung von Fried-

rich Schleiermacher neu herausgegeben von Curt Woyte, Leipzig 1916, 151 e ff.

(= Reclams Universalbibliothek, Bd 6338—39); Staat, 476 d ff., 478 ff., 511 d f.