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Gegeneinwand trifft aber leider nicht zu. Denn Fichtes „Ich“ wird

durch seine eigene Setzung, das „Ding“ soll aber erst durch seine

(getrennte) Idee werden, indem es daran „teilnimmt“. Es ist daher

in anderer Lage als Fichtes „Ich“ (auch abgesehen davon, daß jenes

„Bestimmt-Werden“ des Ich die Erweckung durch Gezweiung be-

deutet).

Durch die „Teilnahme“ kann auch die Einzigartigkeit und Würde

der Dinge nicht gerettet werden, sei es des einzelnen Menschen, sei

es des einzelnen Dinges. Denn es wäre danach ausschließlich und

allein das Allgemeine (die Idee), das sich in den Dingen abspiegelt.

Die Idee ist selbst etwas und von sich selbst, die Dinge aber wären

nichts für sich, denn wenn sie durch bloße Teilnahme am Allgemei-

nen bestehen, sind sie nichts für sich und nicht selbst etwas, sie sind

nur Nachahmungen, Schattenbilder. Als solche werden sie denn auch

in dem berühmten Höhlengleichnis von Platon ausdrücklich darge-

stellt

1

. Damit sind aber die Dinge schlechthin hinfällig und ver-

gänglich, das wahrhaft Seiende dagegen ist die Idee, die über vielen

Dingen schwebt und von den Dingen unberührt bleibt. Die Dinge

schweben zwischen dem „rein Seienden und dem völlig nicht Sei-

enden“, sagt Platon im „Staat“

2

.

Indem durch die „Teilnahme“ im Platonischen Sinne die Ver-

bindung der Dinge mit den jenseitigen Ideen nicht verständlich ge-

macht werden kann, entsteht der weitere Einwand des „Bandes“

oder, wie er nach einem Beispiele des Aristoteles auch heißt, des

„dritten Menschen“.

ß.

Welches ist das Band zwischen Ding und Idee? Der sogenannte dritte Mensch

des Aristoteles

Der Grundgedanke dieses von Aristoteles vorgebrachten und von

Platon gleichfalls, aber ohne sichtlichen Erfolg, im „Parmenides“

behandelten Einwandes ist dieser: Macht man, um das Gemeinsame

zweier Individuen, welche „Menschen“ sind, zu erklären, die An-

1

Platon: Staat, VII, z. B. 514 b fl., 516 e, 517 d; vgl. auch Staat, 509 e ff.,

„σχιάι“.

2

Platon: Staat, 478 d ff. — Die „Dinge sind doppeldeutig und weder ihr

Sein noch ihr Nichtsein kann man bestimmt denken, weder beides noch keines“

(479 c, deutsch von Wilhelm Andreae).