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nämlich das A l l g e m e i n e zu erklären, das die Einzeldinge zei-
gen, nicht lösen
1
.
Aus der Jenseitigkeit der Ideen ergibt sich weiterhin die Frage:
b.
Wovon gibt es Ideen?
Gibt es von jedem einzelnen Dinge Ideen oder gibt es nur von
den Gattungen Ideen?; haben die vielen einzelnen Dinge, die einer
Gattung angehören, alle zusammen gemeinsam nur eine Idee oder
hat jedes Ding eine Idee? Betrachten wir viele einzelne Pferde und
bedenken wir, daß die Idee als Jenseitige nur das „Allgemeine“ ent-
hält, so folgt daraus, daß es nur e i n e Idee der „Pferdheit“ geben
kann, für die vielen Pferde also eine einzige Idee da ist. Wiederum
aber ergibt sich hier die Frage, wie dann die Würde des Einzel-
wesens (Individuums) gerettet werden könne. Wenn dem Einzel-
dinge / keine Idee entspricht, dann ist es auch schlechthin nicht,
denn wahrhaft seiend, rein seiend und unsterblich ist nur die Idee
an sich selbst, nämlich die Gattung; die Individuen sind damit ver-
nichtet. — Das folgt auch unmittelbar aus der Jenseitigkeit. Denn
das Allgemeine allein ist dann das wahrhaft Bestehende, das Ein-
zelne ist nicht zu retten. (Damit soll nicht gesagt sein, daß Platon
die Folgerung auch für die menschliche Seele gezogen hätte, deren
Unsterblichkeit er im Gegenteile stets behauptete).
Dies führt auf die weitere Frage: Von welchen Kreisen der Wesen
und Dinge gibt es Ideen? Platon gab in Beispielen Ideen an für die
allgemeinen Abstrakta (das Sein
2
, die Einheit und Vielheit
3
), für
die Naturdinge (Mensch
4
, Feuer, Wasser
5
), auch für die künst-
lichen Dinge (Tisch, Bett
6
, Weberschiff
7
), für die verneinenden
Begriffe (das Häßliche, Schmutz, Kot, bleibt zweifelhaft
8
), für die
mathematischen Dinge (Größe
9
), auch für die Verhältnisbegriffe
1
Siehe unten S. 424 f.
2
Phaidon, 74 b, 78 d.
3
Parmenides, 129 b f.
4
Parmenides, 130 c.
5
Timaios, 51 c.
6
Staat, 596 b.
7
Kratylos, 389 a f.
8
Parmenides, 130 c f.
9
Phaidon, 102 d.
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