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(Gleichheit
1
) und endlich für die sittlichen und geistigen Erschei-
nungen (das Schöne, Gute, die Gerechtigkeit
2
, das Wissen
3
, Ge-
sundheit, Kraft, Mäßigung
4
, Herr und Knecht
5
). — Aber Aristo-
teles berichtet, daß Platon nur für die Gattungen Ideen annahm,
nicht für die / künstlichen Dinge, nicht für die verneinenden
Dinge und nicht für die Verhältnisbegriffe, was offenbar für den
späteren Platon gilt
6
.
b.
Sind die Dinge Versammlungsorte von Ideen?
Erhalten die Dinge ihre Eigenschaften durch „Teilnahme“ und
zeigen sie verschiedene Eigenschaften, so ergibt sich die Aufgabe,
das Verhältnis der Ideen zueinander zu erklären, die Gemeinschaft
der Ideen,
κοινωνία τών γενών
— sowie auch die Möglichkeit, daß
die Dinge an vielen Ideen gleichzeitig teilnehmen. Denn die An-
nahme von eigenen Ideen für fast alle Beschaffenheiten bringt
es mit sich: daß man jedem Dinge die Teilnahme an vielen Ideen
zuschreiben muß. Eine Mohnblume müßte daher gedacht werden als
an der Idee des Rot, des Grün, der Größe, des Lebens, der Blume
usw. usw. Anteil nehmend. Eine Mohnblume wäre demnach, so
dürfen wir sagen, ein ganzer Versammlungsort von Ideen, von Teil-
nehmerschaften an Ideen.
Waren die früheren Schwierigkeiten ernster Art, so muß man
diese geradezu als trostlos bezeichnen. W e n n d i e D i n g e n u r
V e r s a m m l u n g s o r t e v o n I d e e n s i n d , d a n n e r -
s c h e i n t d e r S i n n d e r g a n z e n I d e e n l e h r e i n
F r a g e g e s t e l l t . Nun erklären die Allgemeinbegriffe nicht
mehr den Wesensgehalt der Dinge, denn zusammengeschneite All-
gemeinbegriffe sind nichts. Nun sind die Dinge selber überhaupt
nichts mehr, sie können nicht einmal durch „Teilnahme“ selbst
1
Phaidon, 74 a, 78 d.
2
Parmenides, 134 a ff.
3
Phaidon, 65 d und öfter.
4
Phaidon, 65 d; Phaidros, 274 d.
5
Parmenides, 133 e.
6
Aristoteles: Metaphysik, XII, 3, 1070, 9, 13 ff. — Vgl. Eduard Zeller: Die
Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung, Teil 2, Abt. 2,
4. Aufl., Leipzig 1921, S. 703. — Hans Meyer: Die Geschichte der alten Philo-
sophie, München 1925, S. 156.