Z w e i t e r A b s c h n i t t
Die dem Handeln angehörigen Teilinhalte
X.
Das Verhältnis des Geistigen zum Handeln
Von den geistigen Teilinhalten der Gesellschaft haben wir uns
nun jenen zuzuwenden, die in der Gesellschaft als G e b i l d e d e s
H a n d e l n s sich darstellen; man denke z. B. an den Staat, die
Wirtschaft. Bevor wir hierauf eingehen, ist die allgemeinere Frage
zu beantworten: in welchem Verhältnis überhaupt das Geistige und
das Handeln zueinander stehen. Denkt man an die Rolle der Askese
im Sinne einer Lehre vom Nichthandeln, und bedenkt man, wie sie
einen steten Streitpunkt in der gesamten Geistesgeschichte bildet,
so erkennt man, daß diese Frage eine denkwürdig wichtige ist. Ob-
wohl wir später im Zusammenhang der Sittenlehre noch auf sie
einzugehen haben, dürfen wir sie hier doch nicht übergehen.
Die Frage, was wir unter dem „Geistigen“, das wir in Gegensatz
zum Handeln setzen sollen, zu verstehen haben, ist mit dem Be-
griffe des „Geistursprünglichen“ — Religion-Wissenschaft-Kunst —
beantwortet. Doch kommt zu ihm noch das Sinnliche als notwendige
Voraussetzung des Handelns. Der W i l l e dagegen, obwohl er noch
keine Tätigkeit ist, sondern bloße Bereitschaft dazu, gehört, als Vor-
stufe, schon zum Handeln.
Die subjektive Geisteslehre zeigt uns überall Schauen und Er-
greifen (Annahme) des Geschauten (des Empfundenen, unmittelbar
Innegewordenen) einander gegenüberstehend. Am deutlichsten zeigt
sich das im Denken, an dem wir diesen schon oben in der subjek-
tiven Geisteslehre berührten Gegensatz nochmals genauer darlegen
wollen. „Denken“ ist bekanntlich kein ein- / deutiger Ausdruck.
Schon die platonische, die aristotelische und die scholastische Lehre
unterschied das, was man später als das eingebungsvolle, schauende
oder intuitive Denken von dem zerlegenden, verarbeitenden oder