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„Statut“, eines Gerichtes; oder eines Standes (einer Körperschaft);
woran sich alle übrigen Rechte, die im Staate oder Stande gelten,
erst anschließen.
Demgemäß hat aber das Recht für sich selber auch eine bestimmte
A u s g l i e d e r u n g s o r d n u n g , w i e
a.
d e r S t u f e n b a u (überstaatliches Recht, staatliches Recht,
Gebietsrecht, verbandliches Recht, Gemeinderecht und so fort)
zeigt; ferner
b.
der Unterschied nach T e i l i n h a l t e n (Kirchenrecht, Wis-
senschafts- und Schulrecht, Kunstrecht, Wirtschaftsrecht, Eherecht
und so fort)
1
.
Was im folgenden von der Sittlichkeit gesagt wird, gilt kraft der
Wesenseinheit von Sittlichkeit und Recht auch vom Rechte. Darum
ist eine eigene Behandlung weiterhin entbehrlich.
C.
Die F r a g e d e s V o r r a n g e s z w i s c h e n
S i t t l i c h k e i t u n d G e i s t u r s p r ü n g l i c h e m
Indem wir auf diese Vorrangfrage schon hier eingehen, greifen
wir späteren Untersuchungen vor
2
. Jedoch ist es der Klarheit hal-
ber geboten.
Nach dem Satze „Das Vollkommene ist (logisch) früher als das
Unvollkommene“, „Sollen ist vor Sein“, könnte es scheinen, als
müsse hieraus folgen: daß das Sittliche als die schöpferische Rich-
tung auf Vervollkommnung vor dem Geistursprünglichen sei. Na-
mentlich scheint diese Schlußfolgerung im Sinne der Lehre Hegels
zu sein, wonach der sittliche Vorgang darin besteht, daß die bloß
subjektiven, gewissermaßen nur zufälligen und noch nicht sitt-
lichen Triebe, Neigungen, Gefühle, Vorstellungen des Einzelnen
dem Allgemeinen (als dem objektiv Gültigen) zugebildet, daß sie
zum Allgemeinen hinaufgebildet werden müssen, um sittlich zu
werden. Dann wäre auch das Sittliche, als ein Inbegriff des (voll-
kommenen) Allgemeinen, vor dem Individuellen und Unvollkom-
menen?
1
Vgl. Christian Vogel: Grundzüge eines ganzheitlichen Systems des Rechtes,
Wien 1935.
2
Siehe unten S. 141 f., 180 ff. und 220 ff.