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h e i t n a c h v o r d e m S i t t l i c h e n ; aber das empirisch-

unvollkommene Geistursprüngliche wie seine Ableitungen wollen

durch Sittlichkeit die Vollkommenheit ihres reinen Wesens wieder

erlangen, sich durch Sittlichkeit zur Vollkommenheit wiederher-

stellen.

Diese Sätze scheinen unwidersprechlich; und doch scheint wieder andererseits

ein Satz zu gelten wie etwa der:

„ F r ö m m i g k e i t w i l l s i c h i n S i t t l i c h k e i t v e r w a n d e l n“,

denn die Frömmigkeit will ja dem ganzen Leben Sinn und Stempel aufdrücken.

Näher zugesehen, ist dies nun doch kein Widerspruch. Denn der Satz „Fröm-

migkeit will sich in Sittlichkeit verwandeln“ ist ungenau. Er besagt in Wahrheit

nur: das Religiöse will als Ziel des Lebens so hoch gestellt sein, daß a l l e

A b l e i t u n g e n a u s i h m (und aus dem Geistursprünglichen überhaupt)

den S t e m p e l d e r R e l i g i o s i t ä t b e w a h r e n . / Der obige Satz müßte

also in genauer Fassung heißen: „Frömmigkeit will in allen Ableitungen und

Lebenszielen oberstes Ziel bleiben und will als solches in der Rangordnung der

Ziele oder der Sittlichkeit gelten.“ Frömmigkeit kann sich nicht in Sittlichkeit

verwandeln; sie kann nur vollkommene Frömmigkeit werden wollen und gerade

dieses mittels der Sittlichkeit.

VIII.Der gefestigte Geist der Gesellschaft oder die Kultur

Um die Stellung der Sittlichkeit als einer Teilordnung der Gesell-

schaft und besonders ihre Stellung zu dem Geistursprünglichen be-

urteilen zu können, ist vor allem das Verhältnis der Sittlichkeit zum

Handeln zu bestimmen. Sittlichkeit weist auf ein Tun — ist sie

selber ein Tun?

Auch diese Frage ist im obigen schon beantwortet. Wenn, wie

sich zeigte, Sittlichkeit die Rangordnung der geistigen Inhalte fest-

legt, sofern sie Ziele für das Handeln zu sein haben, so folgt daraus,

daß die Sittlichkeit selber kein Handeln sein könne. Die S i t t -

l i c h k e i t i s t k e i n H a n d e l n , a b e r s i e m a c h t , d a ß

a l l e s H a n d e l n v o l l k o m m e n w e r d e . Darum liegt not-

wendig etwas Quellhaftes, Zeugendes, Schöpferisches in ihr. Sie ist

überall die Kraft neuen Strebens, neuen Lebens, aber gerade deshalb

selbst keine Tat, wie denn überall das, was das Prius und die Pforte

der Tat ist, selbst nicht die Tat sein kann. Wir sahen dieses Hervor-

bringliche der Sittlichkeit in allen ihren Zweigen am Werke: In der

Güterlehre gibt sie an, welcher Inhalt, welches Ziel des Tuns voll-

kommen sei; in der Tugendlehre gibt sie an, welche Tüchtigkeiten

der Seelenkräfte des Einzelnen auszubilden seien, um das sittliche