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Wenn wir den g e i s t i g e n S t u f e n b a u der geschichtlichen
Menschheitsgesellschaft abteilen in:
M e n s c h h e i t — K u l t u r k r e i s — V ö l k e r k r e i s —
V o l k s t u m — S t a m m e s t u m — H e i m a t k r e i s —
V o l k s g l i e d (der Einzelne);
dann ergeben sich nach (16) die Sätze:
Menschheit ist vor Kulturkreis; Kulturkreis ist vor Völkerkreis;
Völkerkreis ist vor Volkstum (wobei unter „Völkerkreis“ ein
engerer Ring innerhalb des Kulturkreises, wie z. B. das Germanische
und Romanische im Abendländischen, verstanden wird).
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Hier unterbrechen wir die Reihe der Sätze, indem wir bemerken,
daß der „Vorrang“ auf allen den genannten Stufen n i c h t d i e
g l e i c h e r e a l e B e d e u t u n g h a b e . Die Stufen über dem
Volkstum — Menschheit und Kulturkreis — machen sich nur für
einen verhältnismäßig kleinen Kern der jeweiligen Teilganzen gel-
tend; ihre A u s g l i e d e r u n g s f ü l l e ist daher gering. „Volk“
zeigt sich schon auf den ersten Blick unendlich inniger organisiert
als „Menschheit“; das Geistige, das diesen Organisationen vorsteht
— das Volkstum —, ist darum viel reicher bestimmt, viel mächtiger
als jenes der „Menschheit“. Dem Volkstume — und zwar in der
Geschichte meistens einem jeweils führenden Volkstume eines Kul-
turkreises — kommt die größte Ausgliederungsfülle zu. — Weiter
ergeben sich in Fortsetzung der obigen Reihe folgende wichtige
Sätze:
Volkstum ist vor Stammestum; Stammestum ist vor Heimat
(beides im geistigen, nicht im geographischen oder staatlich-provin-
zialen — organisatorischen — Sinne); Heimat ist vor Volksglied,
das heißt vor dem Einzelnen, sofern er Glied des Volkstums ist.
Dies alles folgt aus dem früheren Satze: Gattung ist vor Art, die
höhere und allgemeinere Stufe vor der niedrigeren und besonderen.
In bezug auf das Verhältnis der geistigen Tiefengliederung zur
handelnden ergeben sich sodann nach (18) folgende Sätze:
Menschheit, Kulturkreis und Völkerkreis gehen als geistige Stufen
vor den zugehörigen organisatorischen Stufen; diese sind: über-
völkische Vereinbarungen und Sitten aller Art, soferne sie irgend-
welche Gemeinsamkeiten der Kulturkreise begründen; Völker-
bünde, Staatsverträge und ähnliche übervölkische Regelungen. —
Ebenso gilt: Volkstum geht vor Staat; denn Volkstum ist das gei-