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schränkung. Diese nicht anzuerkennen wäre Auflehnung, tolles

Vermessen. Darum, wer nur um seinetwillen leidet, dem tut es weh,

und es ist ihm unerträglich. Er hat auch wenig Frucht davon. Wer

aber mit um ein Höheres leidet, der vermag es auch auf sich zu neh-

men und zieht daraus die Frucht. Das Leiden läutert durch den

lebenskräftigsten Hinweis auf Höheres den Einzelnen von Unglied-

haftem, zeigt ihm die Vergänglichkeit alles dessen, was nicht im

Höheren und zuletzt im Ewigen gründet. Und gerade damit reizt

es auch neue Kräfte hervor.

Das eben ist das Schöpferische aller Richtung auf das Vollkom-

mene, daß sie Unvollkommenes überwinde, indem sie neue Kräfte

in Dienst stellt. Das kann nicht wie durch eine äußere, mechanische

Verbesserung geschehen, sondern nur durch innere Reinigung von

Unvollkommenem, welche nicht ohne Leiden ist; / Entfaltung neuer

Kräfte, welche neuen Kräften aber nur durch eine schöpferische Tat

gewonnen werden können. Zu dieser neuen schöpferischen Tat be-

darf es der Anstrengung, des Aufrufes, des Anreizes — und das

leistet wieder Leiden.

Hierin offenbart sich auch, wie es zugeht, daß fruchtbares Leiden

F ü l l e gibt, mit der Fülle aber Freiheit. Leiden gibt Fülle, denn es

schließt den Sinn und das Innere vieler Dinge auf, die vorher nur

äußerlich genommen wurden. Nur wer gelitten hat, weiß etwas vom

Leben, von der Welt. Nur wen die Welt enttäuscht hat, der kennt

sie auch von der anderen Seite.

Durch die Fülle gibt Leiden Freiheit. Denn dort, wo alle inneren

Kräfte in Tätigkeit und Ausbildung kommen, sei es auch durch

Schmerzen hindurch, nur dort kann sich die Kraft des Geistes, kann

sich Freiheit entfalten.

Auch schon im H a n d e l n liegt dem Begriffe nach ein Leiden,

daher seine höchste Form das Heldische ist. Leiden ist nicht reines

Erdulden. Der Stumpfe leidet nicht. Echtes Leiden heißt innere

Spannkraft haben und den inneren Kampf aufnehmen.

Der Sinn des Leidens ist den großen schauenden Menschen am

besten bekannt. Eichendorff sagt: „Von allen guten Schwüngen —

Zu brechen durch die Zeit — Die mächtigsten im Ringen — Das ist

ein rechtes Leid.“ Die hl. Therese: „Zu glauben, daß Gott zu seinem

vertrauten Umgange Leute zulasse, welche die Gemächlichkeit su-

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