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der sich eine philosophische Betrachtung aller G e b i l d e d e s
O r g a n i s a t i o n s w e s e n s , darunter insbesondere die K i r -
c h e u n d d i e F a m i l i e (nicht nur der Staat, der die oberste, aber
nicht die einzige Organisation ist
1
) gehört; ferner die Ge-
s c h i c h t s p h i l o s o p h i e ; endlich auch die philosophischen
Voraussetzungen der W i r t s c h a f t s w i s s e n s c h a f t e n , de-
ren Behandlung man aber nicht mit gleichem Rechte wie die eben
genannten Untersuchungen als „Wirtschaftsphilosophie“ bestimmen
kann
2
.
Die Rechtsphilosophie, Staatsphilosophie und Geschichtsphilo-
sophie ist anderen Untersuchungen Vorbehalten. Wir haben daher
auf diese zu verweisen und erinnern in bezug auf den Systemaufbau
nur daran, daß nach dem von uns entwickelten Lehrbegriffe die
Sittenlehre den Vorrang vor den anderen Sonderfächern der Gesell-
schaftsphilosophie, daher auch vor der Rechtsphilosophie und
Staatsphilosophie hat
3
. Sogar gegenüber der Geschichtsphiloso-
phie bleibt dieser Vorrang bestehen; allerdings nur bedingt, denn
es kommt bei ihr ein neuer, sie in gewisser Weise verselbständigen-
der Bestandteil hinzu: die Entfaltung des gesellschaftlichen Ganzen
in der Z e i t , die Umgliederung. Dadurch treten neue Denkauf-
gaben und Fragen auf den Plan, und die Vollkommenheitsfragen der
systematischen Ausgliederung, die den Vorrang / der Sittenlehre be-
gründen, treten verhältnismäßig zurück. Jede echte Geschichtsphilo-
sophie beruht zuletzt auf einer Theorie der Zeit, sie geht daher noch
tiefer auf das Metaphysische zurück als die Sittenlehre und gewinnt
dadurch praktisch der Sittenlehre gegenüber ihre Selbständigkeit.
Dem Begriffe der Ausgliederungsordnung stellt sie den der Umglie-
derung entgegen.
Eine Sonderstellung aus ähnlichem Grunde nimmt die Philo-
sophie der E r z i e h u n g ein. Erziehung gibt es nur infolge eines
in der Zeit geschehenen Naturvorganges: daß die vorhandenen Men-
schen sterben und neue geboren werden. Darin liegt: E i n g l i e -
d e r u n g der neuen Menschen in den vorhandenen Inhalt des Ge-
sellschaftslebens, eben die Erziehung; ferner U m g l i e d e r u n g ,
da sich dabei der Lebensinhalt, die Weitergabe des Überlieferten,
1
Vgl. oben S. 155 ff.
2
Vgl. darüber unten S. 265.
3
Vgl. oben S. 180 f.