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F i c h t e war es, der in seiner „Grundlage des Naturrechts“
(1796) den ersten Schritt zur Überwindung des individualistischen
Naturrechts getan hatte! „Sollen überhaupt Menschen sein, so müs-
sen mehrere sein.“ „Sobald man den Begriff des Menschen voll-
kommen bestimmt, wird man von dem Denken eines einzelnen aus
getrieben zur Annahme eines zweiten, um den ersten erklären zu
können
1
.“ Hiermit war von der Wissenschaftslehre aus, das heißt
von der Erkenntnistheorie aus, nachgewiesen, daß der Einzelne
nicht vor dem Staate ist, daß er ohne den andern überhaupt nicht
begriffen werden kann. Der Einzelne war nicht mehr die ursprüng-
liche Wirklichkeit in der Gesellschaft!
A d a m M ü l l e r (1779—1829) begründete in seinen „Elemen-
ten der Staatskunst“ (1809)
2
das erste nichtindividualistische, näm-
lich organische, universalistische Lehrgebäude der Volkswirtschafts-
lehre.
In seiner Fehde gegen Adam Smith bekämpfte er das individualistische Natur-
recht sowohl wie die Lehre vom Eigennutz. Der Staat war ihm „die Totalität
der menschlichen Angelegenheiten“
3
und eine s i t t l i c h e Gemeinschaft, nicht
die bloß nützliche Vereinigung vieler Einzelner, -die auch ohne ihn gedacht
werden könnten. Die / Lehre vom Eigennutz und der Wirtschaftsfreiheit be-
zeichnet er als eine „Lehre von der radikalen Zersetzung, Auflösung und Dis-
1
Johann Gottlieb Fichte: Grundlage des Naturrechts nach Principien der
Wissenschaftslehre, Bd 3, Jena 1796, S. 47, Neuausgabe Leipzig 1922, Bd 2, S. 48.
2
Adam Müller: Die Elemente der Staatskunst, öffentliche Vorlesungen
1808—1809, herausgegeben von Jakob Baxa (= Die Herdflamme, Bd 1), Jena
1922. — Die anderen Werke Adam Müllers sind: Die Lehre vom Gegensatz,
Berlin 1804; Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht
auf Großbritannien, Leipzig und Altenburg 1816, neu herausgegeben von Helene
Lieser (= Die Herdflamme, Bd 2), Jena 1922; Vermischte Schriften über Staat,
Philosophie und Kunst, 2 Bde, 2. Aufl., Wien 1817; Von der Notwendigkeit
einer theologischen Grundlage der gesamten Staatswissenschaften, Leipzig 1818,
jetzt neu abgedruckt in: Summa, Bd 1, Hellerau 1917; Die innere Staatshaus-
haltung systematisch dargestellt auf theologischer Grundlage, Wien 1820; beide
Arbeiten mit vielen anderen der „Vermischten Schriften“ abgedruckt in: Adam
Müllers gesammelte Schriften, München 1839; Adam Müllers Ausgewählte Ab-
handlungen, Mit einem Bildnis, einem Lebensabriß und bisher -unveröffent-
lichten Briefen und Berichten, herausgegeben von Jakob Baxa, Jena 1921; Zwölf
Reden über die Beredsamkeit und deren Verfall in Deutschland, Leipzig 1916,
Neuausgabe München 1920.
3
Adam Müller: Die Elemente der Staatskunst, S. 66; ferner: Handschriftliche
Zusätze zu den Elementen der Staatskunst, herausgegeben von Jakob Baxa
(= Die Herdflamme, Bd 18), Jena 1926. — Vgl. auch: Jakob Baxa: Adam Müller,
Jena 1930; Adam Müllers Philosophie, Ästhetik und Staatswissenschaft, Berlin
1929.