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tiefe Zusammenhänge der Wirklichkeit hin, daß sie der umfassendste
Verstand niemals auszuschöpfen vermag. Der Geist als Ganzes, die
Gattung selbst ist dazu nötig.
Wird die Entstehung der Sprache aus einem Zustande höherer
Unmittelbarkeit der Gezweiung erklärt, dann leuchtet nicht nur die
hohe Stellung der Ursprachen ein, dann ist die Sprache überdies
eine Rettung, eine B e w a h r u n g d e s g e i s t i g e n U r g u t e s.
Die Unterscheidung des Substanzbegriffes und Eigenschaftsbegriffes,
des Tätigkeits- und Zustandsbegriffes, der logischen Verknüpfungs-
weisen überhaupt, sowie alle anderen grundlegenden Unterschei-
dungen des menschlichen Denkens und Gestaltens können in der
Sprache nicht erfunden, sie können nur aufbewahrt (und später
zum Teil verloren) worden sein, weil sie im Geiste schon vorhanden
waren.
Der Mensch im Urzustand, was immer die brüchige Paläontolo-
gie sagen mag, ist der magisch-mystische, mit Geist und Welt ver-
bundene Mensch. Uralte Erkenntnis der Romantik, der Mystik, aller
Religion, Theosophie und echten Philosophie ist / es, daß der in-
nere Urzustand des Menschen magisch-mystisch bestimmt ist. Tie-
risch denkt den Urzustand des Menschen erst eine innerlich ge-
schwächte, verstandhafte und sich selbst zerstörende Zeit.
C.
Das o b e r s t e G e s e t z d e r G e s c h i c h t e
Ist das Bild, das uns die Entstehung der Sprache vom Gange des
Menschen gibt, richtig, dann muß es das allgemeine Gesetz der Ge-
schichte enthalten. Alle großen geistigen Gebilde der Kultur: Reli-
gion, Wissenschaft, Kunst, Sittlichkeit müssen von gleicher Art sein
und auf einem gleichartigen Entfaltungsgange beruhen, auf der Ver-
mittelbarung des Unmittelbaren, der Versinnlichung des Geistigen.
Das bedeutet dann notwendig: daß in dem G a n g e d e r
V e r m i
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e 1 b a r u n g u n d d e r d a m i t g e g e b e n e n
H e r v o r z i e h u n g d e s G e i s t e s s c h a t z e s a u s d e m
S t a n d e d e r U n m i t t e l b a r k e i t d e r G a n g d e r G e -
s c h i c h t e ü b e r h a u p t b e z e i c h n e t i s t . Es ist das We-
sen aller Kulturgebiete, auf den inneren Urzustand des Menschen
zurückzuweisen und seinen geistigen Schatz zu bewahren, das heißt:
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