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Indessen, noch über alle diese Einschränkungen hinaus ist der

Einwand, der sich aus Wechsel und Vielfalt der Philosophien ergibt,

grundsätzlich zurückzuweisen: Es gibt eine Vielfalt und einen

Wechsel j e n e r A r t nicht, wie ihn dieser Einwand behauptet.

Das zu erweisen, wird die Aufgabe des ganzen Buches sein. Zunächst

aber handelt es sich für die Entkräftung dieses Einwandes (wie für

das Studium der ganzen Philosophie) um zwei Dinge: erstens um

eine richtige Einteilung der philosophischen Lehrgebäude; sodann

darum, hinter den großen Verschiedenheiten ihrer Systemgestalten

und Namengebungen die gleichen Fragen und Denkaufgaben zu

erkennen! Geht man diesen Weg, dann gelangt man zuletzt dazu,

der Behauptung einer endlosen Vielfalt der Philosophien folgende

Sätze entgegenzustellen:

1.

In W a h r h e i t g i b t e s n i c h t v i e l e p h i l o -

s o p h i s c h e R i c h t u n g e n , s o n d e r n n u r z w e i v o n

g r u n d s ä t z l i c h e r A r t , nämlich die idealistischen und die

empiristischen.

2.

Es b e s t e h t e i n e d u r c h g ä n g i g e Ü b e r e i n -

s t i m m u n g a l l e r p h i l o s o p h i s c h e n G r u n d l e h -

r e n d e r z u s a m m e n g e h ö r i g e n z w e i G r u n d r i c h -

t u n g e n . Jene Verschiedenheiten, welche innerhalb der grund-

sätzlichen Richtungen Idealismus — Empirismus noch übrigbleiben,

sind nur abgeleitete, verhältnismäßig untergeordnete, die bloß als

häusliche Zwistigkeiten zu werten sind.

3.

S e l b s t z w i s c h e n d e n e m p i r i s t i s c h e n u n d

n i c h t e m p i r i s t i s c h e n R i c h t u n g e n f e h l t n i c h t

j e d e Ü b e r e i n s t i m m u n g , in dem Sinne nämlich, daß

die nichtempiristischen Richtungen die reinen Tatsachenfeststellun-

gen der empiristischen nicht verwerfen, vielmehr anerkennen und

in sich aufnehmen, sie aber allerdings in ihrer Weise und nicht in

empiristischer Weise deuten.

Diese Sätze erscheinen der heute herrschenden Schulphilosophie

allerdings gewagt, ja unannehmbar. In Wahrheit wußten aber von

den großartigen Übereinstimmungen in der Philosophie alle gro-

ßen Philosophen, und von keinem Geringeren als Leibniz stammt

das Wort von der „unvergänglichen Philosophie“, der philosophia

perennis, die sich durch alle philosophischen Lehrgebäude hindurch-

zieht. „Die Wahrheit ist weiter verbreitet als man gemeinhin an-