Table of Contents Table of Contents
Previous Page  5748 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 5748 / 9133 Next Page
Page Background

64

[61]

Naturgesetze der „Wechselwirkung“ bestimmt (gesellschaftliche

Atomistik), und

in der Geschichte durch einen Mechanismus von jener Art, wie

ihn die materialistische Geschichtsauffassung dargestellt hat.

Selbstverständlich kann darnach auch von U n s t e r b l i c h -

k e i t des Menschen keine Rede sein.

So tritt an die Stelle der Willensfreiheit der Determinismus, an

die Stelle des eigenen schöpferischen Denkens das Assoziationsgesetz,

an die Stelle des autonomen Ich ein „Bündel“ von Vorstellungen, an

die Stelle der freien Persönlichkeit die umweltliche Bestimmtheit

(Umweltlehre), sogar an die Stelle der Bildung der Gesellschaft durch

die geistige Persönlichkeit der Einzelnen das mechanische Wechsel-

wirkungsgesetz der Einzelnen. Je mehr die Wissenschaft fortschrei-

tet, um so enger wird der Kreis der g e s c h l o s s e n e n N a -

t u r u r s ä c h l i c h k e i t um Geist, Ich und Persönlichkeit ge-

zogen, und das letzte Erkenntnisideal, die allumfassende Laplacische

Weltformel, wird schließlich lehren, daß der menschliche Geist eben-

so ein mechanisch wirkendes Atom im Wirbel des geistigen Gesche-

hens ist wie das stoffliche Atom im Wirbel des physischen Ge-

schehens.

Unvermeidlich muß also der Empirismus gerade dadurch den

Einzelnen unfrei machen und ihm seinen Wert nehmen, daß er ihn

in den Gesamtzusammenhang der Naturerscheinungen stellt, ihn zu

einem Teile der Natur macht. Dadurch verneint er ihn als frei, selb-

ständig und wertvoll. Freiheit, Wert, Persönlichkeit sind etwas

Über-Mechanisches, Über-Naturhaftes, Supranaturales. Nur eine hö-

here Seinsebene, eine Idealwelt, eine intelligible Welt — nur sie

retten die Persönlichkeit und die Freiheit des inneren Menschen.

Aber gerade dem Übernatürlichen und dem Uber-Dir wollte der

Empirist entfliehen. Er geht von der Erfahrung als einem rein

naturhaften Gesamtzusammenhange aus, — geht aber damit in der

Natur unter. Er verneint sein Denken, seinen Geist, sein Ich, seine

Innerlichkeit, Freiheit, Verantwortlichkeit und verwandelt sich

schließlich in ein Stück Kausalmechanik.

So endet der Empirismus in einer Philosophie der Verzweiflung

und der Selbstvernichtung.