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deutet auf dieselbe Trennung von Sinnlichkeit und Be-

weiß“ —

griff.

Wichtig ist der Schluß, den wir aus der Zwiegesprächslehre oder „D i a

1

e k -

t i k“ des Sokrates und ebenso aus seiner „geistigen Hebammenkunst“ ziehen

dürfen: das menschliche Wissen sei etwas, was vermittelst eines im menschlichen

Geiste selbst sich vollziehenden Vorganges entwickelt werden müsse. Damit wird

der bloße Rationalismus zum Apriorismus. Dem Apriorismus muß das richtige

Denken der Dinge stets auch Bestimmungsgrund für das richtige Handeln, für das

Gute werden. Daher kann man sagen, daß die Begriffslehre des Sokrates nicht im

erkenntnistheoretischen, sondern im sittlichen Apriorismus, nämlich in dem Be-

streben, den sittlichen Relativismus und Utilitarismus der Sophisten zu überwin-

den, ihre Wurzel habe.

Auf eine bestimmte Erlebnisgrundlage seiner Lehre deutet vieles hin, was wir

von dem Leben des Sokrates hören. Xenophon sagt von ihm in den Memora-

bilien: „Sokrates w a r . . . so Herr seiner selbst, daß er niemals das Angenehme

dem Guten vorzog, so besonnen, daß er in der Entscheidung über das Bessere

und Schlechtere niemals fehlging. ..“ Eine innere Stimme, sein „Daimonion“,

sagte ihm jeweils, was zu tun sei, und leitete sein Leben.

Im übrigen ist, wie später noch zu zeigen, für eine gewisse Schwäche, die zu-

letzt jedem Apriorismus anhaftet, die Erzählung des Peripatetikers Aristo- / xenos

bezeichnend, wonach ein I n d e r i n A t h e n den Sokrates belehrte, niemand

könne die menschlichen Dinge erkennen, wenn er nicht von den göttlichen wisse

1

.

Wieweit bei Sokrates schon die P l a t o n i s c h e I d e e n l e h r e vorgebil-

det ist, das heißt das durch die Allgemeinbegriffe Erkannte eigene geistige Wirk-

lichkeit hat, läßt sich heute nicht entscheiden. Die wiederholte Bezugnahme auf

A n a x a g o r a s , in den Platonischen Gesprächen, der eine allgemeine V e r -

n u n f t b e s t i m m t h e i t d e r W e l t lehrte, wäre damit vereinbar. Ande-

rerseits herrscht doch die sittliche Einstellung vor, und diese deutet auf Aprioris-

mus. — Daß Sokrates ähnlich wie Platon auf Sammlung, Zurückziehen in die Stille

und Einsamkeit hindrängt, daß mit einem Worte ein idealistischer und sogar

mystischer Bestandteil in seiner Lehre war, das ist wohl unzweifelhaft. Auch die

Lehre vom Nichtwissen („Ich weiß, daß ich nichts weiß“) enthält einen mystischen

Zug. Das Objektiv-Idealistische und Mystische fehlt ja nirgends in der aprioristi-

schen Philosophie, weder bei Kant noch bei Leibniz.

Uber Apriorismus bei P l a t o n u n d A r i s t o t e l e s siehe unten Seite 116 f.

2. G o t t f r i e d W i l h e l m L e i b n i z (1646—1716)

Der neuzeitliche Idealismus beginnt mit Leibniz, welcher seine

geniale Philosophie im Kampfe gegen Locke, Spinoza und die me-

chanistische Physik entwickelte.

a. Darstellung

α.Metaphysik

Leibniz ersetzte den Begriff der materiellen Atome der mechani-

schen Naturlehre durch den der „Monaden“, das sind beseelte Ato-

1

Ens. Prep. eo. XI, 3, p. 511, Vig.