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neuen hinzu, der in jenem gar nicht gedacht w a r . . „ D a ß 5 zu 7 hinzugetan

werden sollten, habe ich zwar in dem Begriffe einer Summe = 7 + 5 gedacht,

aber nicht, daß diese Summe der Zahl 12 gleich sei.“

2

Um zur Zahl 12 zu ge-

langen, sagt Kant, müssen wir die A n s c h a u u n g zuhilfe nehmen. Die An-

schauung „12“ beruht aber auf der „ Z e i t “ und diese (Zeitanschauung) ist eine

S y n t h e s i s : 7 + 5 = 1 2 ist daher ein synthetisches Urteil a priori. Das Zäh-

len beruht also auf einer apriorischen Synthesis „Zeit“ (welche der Zählende als

Anschauungsform selbst erzeugt). Nicht eine neue Erfahrung wird in der An-

schauung von 5 Punkten und 7 Punkten zuhilfe genommen, sondern die aprio-

rische, syn- / thetische Vereinheitlichungsform „Zeit“ ist es, was der Akt des

Z ä h l e n s enthält und zur Summe 12 führt! Mathematische Erkenntnis, sagt

Kant, geht überhaupt „ n i c h t a u s B e g r i f f e n , sondern jederzeit nur

durch die Konstruktion der Begriffe“ (das will sagen, der Anschauungen, auf

denen die Begriffe ruhen) vor sich

3

.

Die grundsätzlichen Folgen des Aprioribegriffes sind keine gerin-

geren als: Die Überwindung des Relativismus in der Erkenntnis-

theorie; des Utilitarismus in der Sittenlehre; des Hedonismus in

der Kunsttheorie. Denn nun stammen weder alle Bestandteile unse-

rer Erkenntnis, noch des sittlichen Guten, noch des Schönen aus der

wechselnden Sinneserfahrung und -lust.

7. Sinnlichkeit, Verstand, Vernunft

Man kann bei Kant eine Stufenfolge der Vermögen unterscheiden:

Erstens die Sinnlichkeit, in der uns die Vorstellungsinhalte gegeben

werden (trotz aller Rezeptivität sind aber auch hier die reinen An-

schauungsformen, Raum und Zeit, tätig); zweitens den Verstand,

durch welchen die von der Sinnlichkeit gegebenen Vorstellungen

g e d a c h t werden, und zwar mittels der gestaltenden Tätigkeit

der Kategorien; über dem Verstande steht drittens die Vernunft,

welche die „Prinzipien“ bildet

4

; endlich viertens das „Radikalver-

mögen aller unserer Erkenntnis“, die Einheit des Selbstbewußtseins,

das heißt das Ich, welches in reiner Spontaneität — als „transzen-

dentale Apperzeption“ oder „transzendentale Synthesis“ — das

Letzte ist, was dem Verstande zugrunde liegt. Dieses Vermögen

1

Immanuel Kant: Prolegomena, herausgegeben von Johann Eduard Erd-

mann, Leipzig 1890, § 2 c (= Reclams Universalbibliothek, Bd 2469—70).

2

Immanuel Kant: Prolegomena, Leipzig 1890, S. 17.

3

Immanuel Kant: Prolegomena, herausgegeben von Johann Eduard Erdmann,

Leipzig 1890, § 2 c, früher § 4 (= Reclams Universalbibliothek, Bd 2469—70).

— Siehe unten S. 92.

4

Siehe unten S. 91.