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aber dennoch ist es der innerste Sinn der Kantischen Lehre. Die

geistige Form gehört für Kant der „intelligiblen“ Welt an, und

darum nennt er auch seine Vernunftkritik die „Metaphysik von der

Metaphysik“

1

.

Der Erklärung der Grundgedanken, die wir recht eindringlich zu

geben versuchten, möge nun noch eine kurze Darstellung der wich-

tigsten Lehrbegriffe des Kantischen Gebäudes folgen.

b.

Die wichtigsten Lehrbegriffe

α.

Synthetische Urteile a priori

Kant entwickelte den Begriff des Apriori auf Grund der berühm-

ten Frage: „Wie sind synthetische Urteile a priori möglich?“ Auf

diese Frage baute Kant seine erkenntnistheoretische Untersuchung

und machte diese damit schwieriger, verwickelter, als es wohl hätte

sein müssen. Diese Frage wird selten ganz verstanden. Wodurch

kommt Kant zu ihr? A n a l y t i s c h e Urteile (zum Beispiel

„alle Körper sind ausgedehnt“ — hier wird nur die Räumlichkeit,

die im Begriffe des Körpers liegt, analysiert) nämlich stammen ih-

rem I n h a l t e nach aus der Erfahrung (nur der F o r m nach

aus den Kategorien). Gibt es nun auch Urteile, die ihrem Inhalte

nach nicht aus der Erfahrung stammen? Antwort: Das könnten nur

s y n t h e t i s c h e Urteile sein (zum Beispiel: „alle Körper sind

schwer“, was nicht im Begriffe des Körpers liegt, synthetisch hinzu-

gefügt wird). Gibt es nun solche synthetische Urteile, die auch ihrem

Inhalte nach apriorisch sind? Dann nämlich wäre die durch sie ver-

mittelte Erkenntnis n o t w e n d i g , allgemeingültig!

Kants Frage bedeutet also, in einfachen Worten gesagt, nichts

anderes als: G i b t e s e i n e v o n d e r E r f a h r u n g u n -

a b h ä n g i g e E r k e n n t n i s ? Und die Antwort lautet, ja,

es gibt eine solche Erkenntnis, und sie führt Notwendigkeit und

Allgemeingültigkeit mit sich.

Im Einzelnen führte Kant diesen Gedanken folgendermaßen aus: Man muß die

synthetischen, zu neuen Begriffen führenden, daher nach Kant unsere jeweilige

Erkenntnis „erweiternden“ Urteile von den analytischen, zerlegenden, daher unsere

Kenntnis nur „ e r l ä u t e r n d e n “ Urteilen unterscheiden. Ein bloßes Erläute-

1

Immanuel Kant: Brief an M. Herz vom 11. Mai 1781, in: Kants Brief-

wechsel, mit Einleitung, Anmerkungen, Personen- und Sachregister von

Otto