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Lehre vom Wesen des Geistes, welche die Welt Fichten verdankt

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.

Hinsichtlich der N a m e n g e b u n g schicken wir voraus, daß wir weder die

Lehre Kantens noch jene Fichtes, trotz unleugbarer subjektivistischer Bestandteile,

ernsthaft einen „subjektiven Idealismus“ nennen können. Denn Kant behauptete im

„Ding an sich“, Fichte im absoluten Ith und dessen metaphysischer Wesenheit

zweifellos einen übersubjektiven, objektiven Grund oder Grund der Welt. Richti-

ger ist es daher, den Gegensatz auf den Aufbau der Begriffe zu gründen und den

Kantischen Idealismus als einen erkenntnis-theoretischen, den Fichtischen als einen

sittlichen zu bezeichnen, dem dann jener Schellings und Hegels, Platons und Ari-

stoteles’ als ontologischer gegenübersteht.

A . Von K a n t z u F i c h t e

Der Weg von Hume zu Kant ist durch die Überwindung des

Empirismus mittels des Apriorismus bezeichnet; der Weg von Kant

zu Fichte durch die Fortbildung des Apriorismus. Hume erklärte

das Ich als „bundle or collection“ von Vorstellungen (die wieder aus

Sinneseindrücken stammen); Kant sagte, daß eine bloße Ansamm-

lung von Vorstellungen kein Bewußtsein, kein Ich ergeben könne;

das „Ich denke“ müsse alle unsere Vorstellungen begleiten können.

Hier- / zu sei aber transzendentale „Einheit“ der Synthesis, „trans-

zendentale Apperzeption“ nötig — das eigentliche „Radikalvermö-

gen“ der Vernunft.

Hier setzte Fichte, der sich selbst als folgerichtigen Kantianer be-

zeichnete, ein. Er ging von diesem „Radikalvermögen“ und dessen

„Spontaneität“, die schon Leibniz und Kant feststellten, aus; da-

her, wie wir sagen können, nicht von der Vielheit der Vorstellun-

gen hinauf zur Einheit des Bewußtseins, sondern von der Einheit

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Das Studium Fichtes beginnt man am besten mit: Die Bestimmung des

Gelehrten (1805), Neudruck Leipzig 1921 (= Philosophische Bibliothek, Bd 127)

und: Die Bestimmung des Menschen (1800), 3. Aufl. Leipzig 1921 (= Philosophi-

sche Bibliothek, Bd 129 c). — Dann folge als Mindestmaß: Grundlage der gesam-

ten Wissenschaftslehre (1794), Leipzig 1921 (= Philosophische Bibliothek, Bd 127);

Reden an die deutsche Nation (1808), in: Fichtes Schriften zur Gesellschafts-

philosophie, herausgegeben von Hans Riehl, Teil 1, Jena 1928 (= Die Herd-

flamme, Bd 15); Die Anweisung zum seligen Leben oder auch die Religions-

lehre (1806), Neudruck Leipzig 1921 (= Philosophische Bibliothek, Bd 131). —

Die angeführte Literatur zu Fichte bezieht sich auf die Ausgabe von F r i t z

M e d i c u s : Fichtes Werke, Auswahl in 6 Bänden, Leipzig 1921—22 (= Philo-

sophische Bibliothek, Bd 127—132).