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Philosophie, der Satz „das Ich setzt sich selbst“, „das Ich setzt ursprünglich sein

eigenes Sein“, weist, so sagt er, auf eine Tat, eine Handlung. Diese Handlung

erkennen, heißt, sie vollziehen. Daher die Forderung Fichtes: „Setze Dein Ich!

Werde Dir Deiner bewußt!“

1

— Auf innere Erfahrung, Eingebung als die Grund-

lage seiner Philosophie weist Fichte auch durch ein oft mißverstandenes Kunstwort

hin, das der geistigen Anschauung oder „ i n t e l l e k t u e l l e n A n s c h a u -

u n g“

2

. Fichte nennt sie so, weil das Selbstbewußtsein nichts anderes ist als „die

Intelligenz in ihrer Selbstanschauung“, das heißt nur unmittelbar erkannt wer-

den kann.

Der Naturforscher H e n r i k S t e f f e n s erzählt in „Was ich erlebte“

3

: „Ich

erinnere mich, wie Fichte in einem engen, vertrauten Kreise uns die Entstehung

seiner Philosophie erzählte und wie ihn der Urgedanke derselben plötzlich über-

raschte und ergriff. Lange hatte ihm vorgeschwebt, wie ja die Wahrheit in der

Einheit des Gedankens und des Gegenstandes läge ... Da überraschte ihn plötz-

lich der Gedanke, daß die T a t , m i t w e l c h e r d a s S e l b s t b e w u ß t -

s e i n s i c h s e l b e r e r g r e i f t . . . doch offenbar ein Erkennen sei. Das

Ich e r k e n n t s i c h a l s e r z e u g t d u r c h s i c h s e l b e r , das den-

kende und das gedachte Ich, Erkennen und Gegenstand des Erkennens sind eins,

und von diesem Punkte der Einheit, nicht von einer zerstreuenden Betrachtung,

die Zeit und Raum und Kategorien sich geben läßt, geht alles Erkennen aus.

W e n n d u n u n , f r a g t e e r s i c h , d i e s e n e r s t e n A k t d e s

S e l b s t e r k e n n e n s , der in allem Denken und Tun der Menschen voraus-

gesetzt i s t . . . r e i n f ü r s i c h h e r a u s h ö b e s t und in seiner reinen

Konsequenz verfolgtest, müßte nicht in ihm. . . dieselbe Gewißheit sich entdecken

und darstellen lassen, die wir in der Mathematik besitzen? Dieser Gedanke ergriff

ihn mit einer solchen Klarheit, Macht und Zuversicht, daß er den Versuch, das Ich

als Prinzip der Philosophie aufzustellen, wie bezwungen von dem in ihm mächtig

gewordenen Geiste, nicht aufgeben konnte. So entstand der Entwurf einer Wis-

senschaftslehre und diese selbst.“

Noch manche andere Hinweise auf die Erlebnisgrundlage seiner Philosophie

gab Fichte, darunter sein vielberufenes Wort: „Was für eine Philosophie man

wähle, hängt davon ab, was man für ein Mensch ist: denn ein philosophisches

System ist beseelt durch die Seele des Menschen, der es hat.“

4

Ferner in der

„Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre“ (1794): „Die Wissenschaftslehre ist

von der Art, daß sie durch den bloßen Buchstaben gar nicht, sondern daß sie le-

diglich durch den Geist sich mitteilen läßt, weil ihre Grundideen in jedem...

durch die schaffende Einbildungskraft selbst hervorgebracht werden müssen; wie

1

Johann Gottlieb Fichte: Grundlagen der gesamten Wissenschaftslehre (1794),

Leipzig 1921, Teil 1, § 1, erster schlechthin unbedingter Grundsatz, S. 95 ff.

und Schluß (= Werke, Ausgabe Medicus, Bd 1 = Philosophische Bibliothek,

Bd 127).

2

Johann Gottlieb Fichte: Zweite Einleitung in die Wissenschaftslehre (1797),

Leipzig 1922, S. 472 (= Werke, Ausgabe Medicus, Bd 3 = Philosophische Biblio-

thek, Bd 129).

3

Henrik Steffens: Was ich erlebte, Aus der Erinnerung niedergeschrieben,

Bd 4, Breslau 1841, S. 161 f., die Sperrungen stammen von mir.

4

Johann Gottlieb Fichte: Werke, Bd 3, Leipzig 1922, S. 18 (= Philosophische

Bibliothek, Bd 129).