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Das kann auch jeder an dem Beispiele einer anderen inneren Erfahrung bestä-

tigt finden. Wer aus einer Ohnmacht, aus einem Schwächeanfall, aus tiefem

Schlafe sich „ermannt“, „erweckt“, „ermuntert“, die dem Ohnmächtigen wie aus

weitester Ferne erklingenden Töne, Tagesgeräusche e r f a ß t , sich zur Aufmerk-

samkeit „a u f r a f f t“ und „ z u s a m m e n n i m m t “ — tut dies durch innere

Eigentätigkeit, die er selbst, gleichsam durch eine moralische Anstrengung, „auf-

bringen“, zu der er sich selbst „aufschwingen“ muß. In einer Ohnmacht können

wir die Einwirkung von kaltem Wasser und anderen Reizen nicht empfinden,

warum? Weil wir nur dann etwas empfinden, wenn wir uns dahin bringen, daß

wir uns die Reize der Dinge — um nun eine andere Wendung der Sprache zu Hilfe

zu rufen — „vergegenwärtigen“. Das Sich-Aufraffen aus Ohnmacht, Schlaf, träger

Dumpfheit, lahmer Zerstreutheit zum A u f m e r k s a m e n — es besteht stets nur

darin, daß wir eine Anstrengung entfalten eine Anstrengung, deren Kraft von

nirgends her bezogen wird, sondern von uns selbst neu a u f g e b r a c h t wer-

den muß. Da wir selbst es tun müssen und nicht andere es für uns tun können,

weshalb der N ü r n b e r g e r T r i c h t e r nicht erfunden werden kann, sind

wir es immer selbst, die sich in allem Empfinden, Denken und Tun setzen. So-

f e r n e w i r u n s n i c h t s e l b s t s e t z e n , s i n d w i r a u c h a l s

g e i s t i g e W i r k l i c h k e i t n i c h t .

Das möge noch ein letztes Beispiel klar machen, der Gegensatz von S e l b s t -

s e t z u n g u n d p h y s i k a l i s c h e r , m e c h a n i s c h e r „ E n e r g i e“.

Die physische Energie des Kolbens einer Dampfmaschine z. B. leitet sich von der

Energie des Dampfdruckes im Kessel ab, diese wieder von der Erhitzung des

Wassers, diese wieder von der Verbrennung der Kohle unter dem Kessel usw. bis

ins Unendliche. Jede Energie in der stofflichen Natur leitet sich nicht von sich

selber her, sondern von einer früheren. Das lehrt die moderne Physik und ver-

folgt die „Umsätze der Energie“ streng mathematisch in den Erhaltungssätzen.

So ist es a b e r b e i d e n g e i s t i g e n V o r g ä n g e n n i c h t ! Bei

dem, was im Denken, Gestalten und Wollen, Lieben, „Energie“, „Setzen“, „Tä-

tigkeit“ heißt, leitet sich kein Späteres von dem Früheren ab. Kein geistiger Auf-

wand des Denkens, Gestaltens, Gemütes, Wollens bezieht seine „Energiegröße“

von einer früheren; er k o m m t v o n s i c h s e l b e r h e r , m a c h t s t e t s

a u s s i c h s e l b s t h e r a u s e i n e n n e u e n A n f a n g . Und das heißt

eben, daß unser Geist s c h ö p f e r i s c h sei, daß er „Spontaneität“ sei (Leibniz,

Kant), daß er das „sich selbst / Bewegende“ sei (Platon), sein eigener Anfang.

Fichte faßte diesen innersten Anfang am schärfsten auf und nannte ihn Selbst-

setzung.

An die Stelle des empiristischen „es d e n k t“ in mir (zum Beispiel nach me-

chanischen Assoziationsgesetzen) setzte Fichte das „ i c h d e n k e“ als ureigene

Tat des Ich.

nicht nachträglich auf etwas richten, wie einen Scheinwerfer auf einen fertigen

Gegenstand, in ihr tritt nur die selbstsetzende Tätigkeit des Ichs besonders kräftig

und führend hervor, das heißt also: in ihr erzeugt das Ich erst die Vorstellung.

„Aufmerksamkeit“, „Zentrierung“ oder gar „motorische Hinwendung“, z. B. der

Augen zum Reize (wie die Empiristen in der Psychologie sagen) — das sind alles

schon F o r m e n d e r S e l b s t s e t z u n g , sind die erscheinende Art, in wel-

cher das Ich sich setzt und dadurch sich selbst zum Bewußtsein kommt.

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