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Überall, wo wir in unser Inneres blicken, finden wir unser Selbst

am Werke: freitätig, rege, schöpferisch.

„Das Ich setzt sich selbst“, dieser Satz war das neue Losungswort

Fichtes und die Seele seiner Lehre. Er ist ein geschichtliches Ereignis,

ohne das der spätere deutsche Idealismus nicht denkbar wäre. Fichte

hat mit ihm ein Urwort ausgesprochen, das bleiben wird in der

Geschichte der Philosophie.

Alles theoretische Reden über den Begriff der „Selbstsetzung“ ist

aber müßig, solange man nicht dieselbe Eingebung, dieselbe innere

Erfahrung, die Fichte leitete, in sich erweckte. Sie erst weist den

Menschen auf eine Selbstgegründetheit seines Wesens hin, welche ihn

über die äußere Naturordnung endgültig erhebt.

Wird der Mensch des Freitätigen, aus sich selbst Anfangenden,

Schöpferischen seines Geistes inne, dann muß es ihn wie ein prome-

theischer Rausch ergreifen, Fichte sehen wir von diesem Rausche

erfüllt, er war es, der das prometheische Ich in sich entdeckte. Pro-

metheisch freilich nicht einer widersetzlichen Haltung nach (gegen

Zeus), sondern im Bewußtsein einer freischaffenden Kraft in ihm,

die unendlich, unerschöpflich und unüberwindlich ist. In tantali-

scher Unruhe entfaltet sich diese Kraft an den eigenen Schöpfungen,

sie entfaltet sich an ihnen, wie an Schranken, die sie sich selbst auf-

richtet.

Trotz Platon, Kant, Fichte wird heute die „Selbstsetzung“ als

etwas Überschwengliches belächelt. Die Geschichtsschreibung eben-

so wie die Seelenlehre steht ihr verständnislos gegenüber. Das be-

weist, wie sehr dem heutigen, überall am Erforschen der Natur-

mechanik geschulten Menschen der Zugang zu diesem Begriffe er-

schwert ist. Daher muß es der Jünger in der Philosophie zuerst ein-

mal über sich gewinnen, der Sache unbefangen auf den Grund zu

gehen. Tut er diesen Schritt, dann wird es ihm nicht unmöglich

sein, das in sich selbst zu erblicken, was in Wahrheit die einzige

Quelle auch seines eigenen Denkens und Tuns bildet. Da auf die

innere Erfahrung des „Sichselbstsetzens“ und „Aus sich heraus einen

Anfang-Machens“ alles ankommt, mögen hier noch einige Äuße-

rungen von Fichte und Henrik Steffens folgen.

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Fichte selber wies immer wieder auf den Beginn seiner Philosophie als mit

einem Erlebnis durch seine „Aufforderung zu einer Tat“ hin, einer inneren Tat,

die getan werden müsse, die Tat der Selbstsetzung. Denn der Ausgangspunkt der