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Die Lehre vom objektiven Geiste enthält die G e s e l l s c h a f t s - u n d
S i t t e n l e h r e als eine Einheit und zeigt folgende Gliederung: (a) das R e c h t
(als subjektives Recht beginnend); (b) die (subjektive) M o r a l i t ä t (beste-
hend aus der Erfüllung des von Trieben und dergleichen bestimmten Subjektes mit
der Objektivität der Vernunft) und (c) die „ S i t t l i c h k e i t“, welche als objek-
tive, gesellschaftliche zu verstehen ist. Diese gliedert sich wieder: (
α
) in die Fami-
lie (Setzung);
(β)
bürgerliche Gesellschaft (Gegensetzung = der Geist als die
Vielheit besonderer Personen) und (γ) den Staat (Ineinssetzung). Die Gesellschaft
zerfällt in: das „System der Bedürfnisse“ (Wirtschaft); die Rechtspflege; die Poli-
zei (= Fürsorge) und Korporation, mit welcher ein ständisch-organisatorischer Zug
in die Wirtschaft kommt. Der S t a a t i s t d i e h ö c h s t e S y n t h e s i s , die
Wirklichkeit des Sittlichen. Er „ist das an und für sich Allgemeine, das Vernünf-
tige des Willens“
1
.
Den objektiven, das heißt gesellschaftlich organisierten Geist überhöht nach
Hegel der „ a b s o l u t e G e i s t “ als: Kunst, Religion, Philosophie. K u n s t
ist die Unmittelbarkeit des absoluten Geistes als sinnliche, konkrete Anschauung
(des „an sich“ absoluten Geistes). Das Schöne ist das Hindurchscheinen der Idee
durch ein sinnliches Mittel (Farbe, Ton, und so fort).
Die christliche R e l i g i o n macht dem Menschen offenbar, daß er Gott (den
Hegel persönlich, theistisch, denkt, wie wir gegen Anfeindungen hervorheben) im
Geiste zu suchen habe, im Geiste, daher in der Wahrheit. Daher führt die Ge-
wißheit des Glaubens in der Religion noch zum Denken des Geglaubten.
Die P h i l o s o p h i e als die absolute Form des Wissens ist die sich selbst
als alle Wahrheit wissende Vernunft. Hegels Lehre endet damit beim absoluten
Geiste als beim „Denken des Denkens“ (
νόησις νοήσεως
), welches Natur und
Geist aus sich hervorbringt. „ . . . der Begriff ist es, ... [der] sich fortbewegt
und entwickelt und diese Bewegung [ist] ebensosehr die Tätigkeit / des Er-
kennens, die ewige an und für sich seiende Idee, [die] sich ewig als absoluter
Geist betätigt, erzeugt und genießt.“
2
Hiermit ist Natur und Geist auf logische Setzungen, dialektisch
sich ergebende Kategorien der Weltvernunft zurückgeführt, woraus
man das berühmte Wort Hegels versteht: „Alles was ist, ist ver-
nünftig.“
b.
Beurteilung Hegels
Hegels Einfluß auf seine Zeit war weit über Deutschland hinaus
geradezu beherrschend. Dies war nur möglich, weil er einerseits die
Alleinherrschaft des vernünftigen Selbstbewußtseins zur höchsten
Vollendung brachte, andererseits doch das Irrationale — im dialek-
tischen Gegensatz gelegen — nicht ausschloß und so das Streben
1
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wis-
senschaften im Grundrisse, in
z.
Auflage neu herausgegeben von Georg Lasson,
Leipzig 1920, § 537 (= Philosophische Bibliothek, Bd 33).
2
Hegel: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse,
in 2. Aufl. neu herausgegeben von Georg Lasson, Leipzig 1920, § 577 (= Philo-
sophische Bibliothek, Bd 33).