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schen Lehrgebäude ausgeschlossen. Die idealistischen Mischsysteme
(Beispiel Schopenhauer) oder Formen, / welche ein System in der
Entwicklung (der frühe Fichte, der frühe Schelling) zeigen, neigen
zum Pantheismus, die empiristischen zum Deismus. Dem echten Idea-
lismus ist Gott jenseitig und doch zugleich mitwirkend in der Welt,
ferner Geist und damit selbstbewußter Geist, das, was man „Per-
sönlichkeit“ oder „Überpersönlichkeit“ nennen muß (Theismus).
Als s e l b s t b e w u ß t e n G e i s t finden wir Gott aufgefaßt:
in den altindischen Upanishaden: „Brahman ist Wonne und Erkenntnis“
1
; bei
Platon: Gott, selbstbewußter Geist („Philebos“, Timaios“, „Staat“)
2
;
Aristoteles: sich selbst denkender Geist;
Plotin und Proklus: das Eine ist übergeistig, aber auch die Selbstanschauung
wird ihm andererseits zugesprochen; in der
Scholastik und mittelalterlichen Mystik sowie bei
Fichte, Schelling, Hegel, Baader: das Eine ist Geist durch seine Entgegensetzung
in sich selbst
3
; die Selbstdifferenzierung Gottes als Geist in der trinitarischen
oder der dialektischen Entgegensetzung von Subjekt-Objekt (ebenso in Schellings
Spätlehre)
4
.
γ.
Der Ideenbegriff
Daß Gott nicht in seiner Lauterkeit die Welt schafft, sondern ge-
wisse Bestimmtheiten, zeugende Gedanken, Gewalten, Ideen oder
wie man sie sonst nennen will, als Mittelglieder angenommen
werden müssen, erwies sich als eine allen idealistischen Philosophien
gemeinsame Lehre. Die folgende Übersicht fügt zu dem früher
Behandelten einige neue Hinweise hinzu:
Bhagavadgita: Same der Wesen (die Idee als der Auszug, das Beste der We-
sen)
5
;
Pythagoras: Zahlen und Ideen (nur unklar überliefert);
Platon: Idee (wesentlich jenseitig);
/
1
Brihad-Aranyaka-Upanishad, 3, 9, 28: „Allmächtig und allweise, selbstent-
sprungen als Geist...“ — Svêtêsvatara-Upanishad, 6, 16, nach: Paul Deussen:
Sechzig Upanishad’s des Veda, 3. Aufl., Leipzig 1921. — Siehe oben S. 229; oder
auch: „Sein, Denken und Wonne.“
2
Daß dies in der griechischen Naturphilosophie — Thaies — nicht so gewesen
wäre, läßt sich keineswegs beweisen, denn die kurzen Hinweise des Aristoteles auf
die ältesten griechischen Philosophen entscheiden nichts, da ihnen andere Hinweise
— wie von Thaies der Satz: „Alles ist mit Göttern erfüllt“ — entgegenstehen.
3
Siehe oben S. 136, 227 f., 274 und 292 ff.
4
Es ist selbstverständlich, daß mit dem Angeführten die Denkaufgaben der
Gotteslehre nicht erschöpft sind. Doch ist hier wie im folgenden Beschränkung
geboten.
5
Bhagavadgita, X, 19—42; VII, 7—12 und öfter; ebenso L a o t s e .