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[300/301]

α.

Erkenntnislehre

Die idealistischen Erkenntnistheorien haben übereinstimmend

die Eigenschaft, daß sie ontologisch begründet werden, das subjek-

tive Apriori ist dazu der Übergang vom Empirismus her. Nur jene

Erkenntnistheorie bleibt den idealistischen Voraussetzungen treu,

welche zu einer wahren Einheit des Subjektiven und Objektiven

kommt. Eine solche liegt in der Begründung der Erkenntnis auf die

Ideen und Formen bei Platon, Aristoteles, den Neuplatonikern und

Scholastikern ferner auf die Identität des Subjektiven und Objek-

tiven bei Fichte, Schelling und Hegel; endlich auf die Rückver-

bundenheit in der Ganzheitslehre, welche die Einheit von Einwoh-

nung und Jenseitigkeit verständlich macht. — Die Abweichungen

1

sind nicht so groß, / daß die gemeinsamen Grundlagen verlassen

wären. Gerade in diesem Gemeinsamen ruht das Entscheidende.

Als weiteren Grundzug aller idealistischen Erkenntnistheorien

bezeichneten wir: daß der Mensch schließlich die Erkenntnis aus sich

selbst hervorholen müsse. Dies festgehalten, macht es keinen grund-

sätzlichen Unterschied mehr, ob diese Hervorholung (Selbsterzeu-

gung) unter Beihilfe der Wahrnehmung, der Dinge, durch „Wieder-

erinnerung“ geschieht (Platon); oder ebenfalls mit Hilfe der Wahr-

nehmung durch die Aktuierung der inneren Formen des Erkennen-

den, welche zuletzt auf die unmittelbare Erkenntnis des Nus

hinweist (Aristoteles

2

); oder durch Selbstsetzung unter Mithilfe

vorausgegangener „bewußtloser Hervorbringung“ des Sinnlichen

durch Wahrnehmung (Fichte

3

); oder durch die Selbstsetzung auf

dem Grunde des Identitätsgedankens (Hegel); oder durch die Selbst-

setzung auf dem Grunde des Identitätsgedankens unter gleichzeiti-

ger Heranziehung „intellektueller Anschauung“ (Schelling); oder

endlich durch die „Eingebung“, deren „Annahme“ und Weiterver-

arbeitung in Gezweiung (Ganzheitslehre).

Die gemeinsame Voraussetzung aller dieser Begriffe ist außer der

Selbstsetzung das, was platonisch so auszudrücken ist: der Mensch ist

eine Idee; oder aristotelisch: die menschliche Seele ist „gewisser-

maßen alle Dinge“; oder fichtisch: der Mensch ist das Ding an sich

(umfaßt also potentiell alle Dinge); welcher Fichtische Satz mit dem

1

Die oben S. 96 ff. und 304 ff. behandelt wurden.

2

Siehe oben S. 247.

3

Siehe oben S. 105.