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Bei Platon entspricht dem Gliederbau der Verrichtungen im Gesamtganzen der
Gemeinschaft — Weise, Wächter, Wirtschafter — der Gliederbau der Verrichtun-
gen (Vermögen) im Gesamtganzen geistig-seelischen Lebens: Denken, Gemüt,
Sinnlichkeit; bei Aristoteles ähnlich: ernährende, empfindende, denkende Seele;
bei Kant: die drei in den „Kritiken“ behandelten Vermögen, von denen die theo-
retische Vernunft wieder in Denken und Sinnlichkeit zerfällt; einen anderen
Stufenaufbau, aber verwandt damit, zeigt die „Phänomenologie“, wie sie Fichte,
Schelling, Hegel ausbildeten
1
. Doch ist hier sogar bei Hegel die Abbildlichkeit
des subjektiven Geistes vom Gemeinschaftsgeiste (wohl wegen des unrichtigen
Weges „von unten hinauf“) nur zum Teil in Erscheinung getreten.
Der Stufenbau des Geistes in der ganzheitlichen Pneumatologie des Verfassers
ist: Glaube; Eingebung; Annahme in Gezweiung; Denken; Gestalten; inneres
Triebleben und äußere Sinnlichkeit; Wollen und Handeln
2
. Dem entspricht in der
Ausgliederungsordnung der Gesellschaft: Religion, Wissenschaft, Kunst; Systeme
des Handelns.
Im V e r h ä l t n i s v o n S e e l e u n d L e i b hat diesem Stufenbau ge-
mäß — aber auch infolge anderer Lehrbegriffe der idealistischen Philosophien
3
—
die Seele überall den Vorrang. Das Seelisch-Geistige ist dem Leibe übergeordnet.
Der Leib ist eine Abspiegelung des Wesens der Seele. Dagegen geht umgekehrt
dem Empirismus die Seele aus dem Leibe hervor, entweder im Sinne des Materialis-
mus (der aber nicht als ontologischer Gedanke, also / nicht als Systemgedanke
durchgeführt zu sein braucht); oder wenigstens im Sinne der Vorgeordnetheit
des Leiblichen vor dem Seelischen.
Die U n s t e r b l i c h k e i t ist eine dem Idealismus innewohnende Erkennt-
nis, welche alle seine Lehrgebäude zu begründen trachten.
c.
Naturphilosophie
Zwei Gedanken sind es, die wir hier aus der idealistischen Natur-
philosophie herauszuheben haben; die Natur ist Geist; die Welt
ist endlich und hat eine Gestalt, sie ist nicht unendlich und gestaltlos.
α.
Daß die N a t u r G e i s t s e i , versteht sich freilich nur in einem
v e r m i t t e l t e n Sinne, denn die Natur denkt nicht selbstbewußt wie der Mensch.
Im übrigen folgt diese Lehre aus dem Vermittlungsbegriffe, wie er sich jeweils
in den idealistischen Lehrgebäuden darstellt. Bei P l a t o n ist die Natur einer-
seits Abbild der Ideenwelt, ideenbestimmt, andererseits kommt das Schaffende der
Natur von der Weltseele, welcher der menschliche Geist verwandt ist („Timaios“).
Wie auch Ideenwelt und Weltseele Zusammenhängen mögen, die Natur bleibt im
vermittelten Sinne geistbestimmt. Der Begriff der Weltseele fehlt bei Aristoteles,
auch in der Scholastik. Aber da jede dieser Richtungen zuletzt doch die Gesamt-
heit der Ideenwelt als „Leben, Seele und Geist“ („Sophistes“) fassen muß, kann
das, was für die Naturphilosophie das Wesentliche ist, die Belebung der Natur und
1
Siehe oben S. 131.
2
Vgl. den Abschnitt „Pneumatologie“ in meinem Buch: Der Schöpfungsgang
des Geistes, 2., durchgesehene Aufl., Graz 1969, S. 187 ff. (= Gesamtausgabe
Othmar Spann, Bd 10).
3
Siehe oben S. 334 f.