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ihre Selbstsetzung in ihren innerlichsten Wurzeln nicht verfehlt werden (unbe-

schadet einer solchen Beständigkeit des Naturgeschehens, daß mathematische For-

meln anwendbar sind).

Auch der Satz des A r i s t o t e l e s : „Die Seele ist gleichsam alle Dinge“

1

heißt: daß in der Natur Verstand ist, daß in der Natur dasselbe Geistartige ist,

welches auch in der Seele lebt. Ein Gedanke, der der Schellingschen Frage ent-

spricht: Wie kommt die Natur dazu, erkannt zu werden? — und der Antwort: Weil

in ihr selber Verstand ist, weil sie Geist ist. — Im übrigen kann man gerade von

der Formenlehre des Aristoteles aus mit Goethe sagen: Die Welt ist „geprägte

Form, die lebend sich entwickelt“, ist Formenwelt; zuletzt sind die Formen die

Gedanken Gottes. — P

1

o t i n und die N e u p l a t o n i k e r fassen die Natur

in einem Teile der Lehre wie Platon; in einem anderen Teil der Lehre, im Ema-

nationsbegriffe, faßt Plotin das höchste Eine nicht als in sich geschieden, sondern

erst der Urgeist, indem er sich zu Gott wendet, denkt

2

. Die Augustinische und die

Thomistische Scholastik faßt die Natur wie Platon und Aristoteles. — F i c h t e

faßt die Selbstsetzung des Ich als Darlegung des absoluten Ich. „Alles Sein ist

Wissen.. ,“

3

Die Selbstsetzungsweisen des Ich sind die Ideen, nach denen sich

das Sein gestaltet. Soweit stimmt Fichte mit dem gesamten Idealismus überein.

Sofern er die Natur nur als „Material der Pflicht“ faßt, geht er einen eigenen Weg.

Dagegen lenkt der Naturbegriff in „Die Bestimmung des Menschen“ (3. Teil)

wieder in ontologische und mystische Bahnen ein.

S c h e l l i n g u n d H e g e l : Die Natur ist durch die dialektischen Schritte

des (in die Objektivität entäußerten) Geistes, die seine inneren ideenhaften /

Formen und die göttlichen Gestalten sind, gestaltet. — Daher Hegels Wort: was

wirklich ist, das ist vernünftig und was vernünftig ist, das ist wirklich; ebenso

„das Wahre ist das Wirkliche“. (Wobei allerdings die Frage nach dem Bösen, dem

Vernunftwidrigen, die für Schelling später im Mittelpunkte stand, beiseite gelas-

sen wird

4

.)

Als Beispiel der N e u a r i s t o t e l i k e r gelte Trendelenburg: „Das Sein

und jede Entwicklung des Seins ist nur ein Blick des Geistes.“

5

Im übrigen ist

Trendelenburg schuldig, die Kritik der Hegelischen Dialektik über den häuslichen

Streit um Einzelheiten hinaus ins Grundsätzliche getrieben und übertrieben zu

haben. — K a n t hat auch hier die bezeichnende Zwischenstellung, die der „Kriti-

zismus“ so oft einnimmt. Da sein Apriorismus subjektiv gefaßt ist, dringt er nicht

zur Einheit der Idee in den Dingen und im menschlichen Geiste durch, er bereitet

sie aber vor. — Auch nach des Verfassers Lehre von der „Gezweiung höherer

Ordnung“ ist die Natur auf mittelbare Weise geistbestimmt

6

.

β.

Die W e l t a l s g e s c h l o s s e n e G a n z h e i t . Daß das Weltall als

geistbestimmt auch gestaltet, als gestaltet begrenzt sein müsse; kann man als den

allen idealistischen Lehrgebäuden gemeinsamen Grundgedanken kennzeichnen. Ein

1

Siehe oben S. 247.

2

Siehe unten S. 372 f.

3

Johann Gottlieb Fichte: Darstellung der Wissenschaftslehre aus dem Jahre

1801, Leipzig 1922, § 16 f. (= Werke, Ausgabe Medicus, Bd 4 = Philosophische

Bibliothek, Bd 130).

4

Siehe oben S. 295 f.

5

Friedrich Adolph Trendelenburg: Logische Untersuchungen, Bd 2, 3. Aufl.,

Leipzig 1870, S. 509.

6

Siehe oben S. 147 und 335.