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Ein solcher Vergleich hat festzustellen, daß der Ausgangspunkt
des deutschen, wie zum Teil auch des griechischen Idealismus der
Empirismus und demgemäß auch der Subjektivismus war, sowohl in
erkenntnistheoretischem wie gesellschaftlich-sittlichem Sinne. Kant
geht vom subjektiven Apriori aus; aber er fügt ein Über-Subjek-
tives im „Ding an sich“ hinzu. Ähnliches finden wir bei Sokrates
und Platon, die aber dem Subjektivismus den Allgemeinbegriff (das
Apriori) in mehr ontologischer Form entgegenstellen. Fichte geht
vom Ich aus, dessen „Selbstsetzung“ aber als Äußerung des absoluten
Ich gefaßt wird. Je mehr später der Idealismus sich entfaltet, um so
selbstverständlicher tritt das Übersubjektive hervor (Aristoteles,
Schelling, Hegel).
Der alte Idealismus zeigt in der Verfahrenfrage denselben Gegen-
satz zur kausalmechanischen Auffassung wie der neue
1
, bildet aber
allerdings mehr das teleologische Verfahren aus, der neue mehr das
dialektische.
Die Einteilung der Philosophie im alten Idealismus erscheint auch
im neuen wieder.
Die Ausbildung des alten und des neuen Idealismus führt in ähn-
licher Weise von den Vermittlungsbegriffen zum Gottesbegriff als
der letzten Forderung des idealistischen Begriffsgebäudes hin. Diese
Entwicklung zeigt sich von Kant zu Fichte und Schelling; Hegel
fand sie schon vollendet vor. Sie zeigt sich ebenso bei Sokrates und
dem jungen Platon, während sie Aristoteles ebenfalls schon voll-
endet vorfand.
/
VIII.
Gesamtrückblick auf die Hauptunterschiede zwischen Empiris-
mus, Apriorismus und entfaltetem Idealismus
A.
Die E i n g e b u n g s g r u n d l a g e
Der Empirismus stützt sich vor allem auf das sinnliche Bewußt-
sein; er ist die Philosophie der sinnlichen Natürlichkeit, das heißt
Ungeistigkeit, das heißt des naturhaften Menschen. Daher wir den
Empirismus als Philosophie der Plattheit einerseits, der Naturver-
1
Siehe oben S. 187.