Zum Beschlusse
Die Einheit der Philosophie, die wir zu zeigen versprachen, ist
nun in ihren Fragen und Denkaufgaben sowie in ihren geschichtli-
chen Gestaltungen nachgewiesen. Freilich ist es keine einfache, son-
dern eine Einheit in der Mannigfaltigkeit. Diese Einheit nachzuwei-
sen, gelang uns auf zwei Wegen. Einerseits vereinfachten wir die
übergroße Mannigfaltigkeit, indem wir zwei große Lager, das
empiristische und idealistische, unterschieden, dabei wieder Erleb-
nisgrundlage und Begriffsgebäude voneinander trennten, wodurch
wir die Fehlgestaltungen und Vermischungen ausscheiden konnten
(was abermals zur Vereinfachung des Geschichtsbildes beitrug). An-
dererseits erwiesen sich die beiden Lager nicht als bedingungslos ge-
trennt, denn ihre Erlebnisgrundlagen sind einander nicht schlecht-
hin fremd, sondern verhalten sich zueinander als Stufen. Durch die
Unterteilung der Erlebnisgrundlagen nach inneren Haltestellen er-
gab sich eine ununterbrochene Stufenleiter, welche vom sinnlichen
Oberflächenerlebnis der Erfahrung bis zur mystischen Tiefe der
Selbsterkenntnis des Geistes führte. Und darum, weil es sich um ein
Niedriger und Höher, nicht aber um ein völliges Anders- und Ne-
beneinandersein der Lehrgedanken handelt, darum gehen auch die
überbauenden Zusammenhänge der Philosophien nie ganz verloren.
Der höchste Standpunkt der Philosophie, jener des entfalteten
Idealismus und der Mystik, verneint die Erkenntnisse der niederen
Standpunkte nicht schlechthin, sondern nimmt sie in bedingter
Weise in sich auf. Selbst den niedersten, den empiristischen Stand-
punkt, läßt er als jenen der Sinnlichkeit und der Oberfläche an sei-
nem Orte gelten. Nichts wird völlig verdammt, es verteilen sich
Licht und Schatten, auch die Irrtümer sind noch als Bruchstücke
der Wahrheit zu erkennen.
Uralte Zwiste sind versöhnt. Und die Versöhnung wird nicht
durch die Verwischung der Unterschiede erkauft, sondern erreicht,
indem die verschiedenen Standpunkte durch die Verbindung mit