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terbegründbare, begrifflich Erfaßbare läßt sich auf demselben Wege

der Analyse erkennen oder aufbauend ableiten, wie bei den anderen

Lehrgebäuden. Spann sagt selber: „Hiermit ist auch das Verhältnis

der mystischen zur idealistischen Philosophie bestimmt: Das Grund-

gerüst der Fragestellungen, Denkaufgaben und Lösungen ist bei der

Mystik dasselbe wie beim Idealismus“

1

.

Neben anderen bekannten Gegenwartsforschern auf dem Gebiet

der Mystik kann allein Othmar Spann das besondere Verdienst für

sich buchen, die logisch-begrifflichen sowie erkenntnistheoretischen

Grundlagen und Aufbauprobleme im Wesen des mystischen Den-

kens auf eine Weise anzugehen, die weder dem Irrationalen der

Mystik noch ihren geschichtlichen Formen widerspricht. Die vorher

angegebenen Zitate sollten ja dazu dienen, die konsequent gedach-

ten Beziehungen zwischen dem Unmittelbaren und den aus dem

„Fünklein“ ausgestrahlten Erkenntnissen, zwischen dem Mystischen,

dem Begrifflichen und der Welt zu demonstrieren. Weiterhin sind

es ebenfalls sichtbare Beziehungen zwischen der unmittelbaren Schau

als geistiger Erfahrung und dem Erfahren des Apriorischen oder

zwischen mystischer und idealistischer Philosophie. Es scheint Spann

dabei ein kontinuierlicher Weg von Erkenntnismomenten vorzu-

schweben, der, im Fünklein beginnend, über Erlebnisformen (Ein-

gebungen) hinaus die vielen — in unseren kritisch-programmati-

schen Bemerkungen zur Fortsetzung von Spanns Analysen bereits

angedeuteten — Zwischenstufen des Logischen, Erkenntnistheoreti-

schen, Apriorischen usw. zu erklettern hat.

Mit diesem begrifflichen Aufbau wird jedoch keineswegs eine

eigene „Spekulative Mystik“ angestrebt. Dadurch, daß Spann die

geschichtlichen Formen der Mystik in gleicher Weise berücksichtigt

und selbst die äußeren Strukturen jeder „praktischen Mystik“, bei

der eine planmäßige Ausarbeitung von Lehrbegriffen unterbleibt,

miteinbezieht, muß seine Auffassung von Mystik mit allen ihren

methodischen Besonderheiten als eine übergreifende, als eine um-

fassende verstanden werden. Eben in diesem Sinne bildet die Mystik

bei ihm e i n e n d r i t t e n , e i n e n s e l b s t ä n d i g e n B e -

r e i c h p h i l o s o p h i s c h e n D e n k e n s neben den Grund-

bereichen von Empirismus und Idealismus. Die Selbständigkeit des

1

Siehe oben S. 363.