Table of Contents Table of Contents
Previous Page  6101 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 6101 / 9133 Next Page
Page Background

417

mystischen Bereiches wird dadurch noch eigens unterstrichen, in-

dem er von der Religion distanziert wird. Es gibt nur V e r -

b i n d u n g e n v o n R e l i g i o n u n d m y s t i s c h e n L e h -

r e n . „Andere Ausprägungen und Richtungen der Mystik sind

bestimmt durch ihre verschiedene Stellung zur Tätigkeit in der

Welt.“ Schließlich kommt Spann zu der Feststellung, daß alle diese

historischen und praktischen Verschiedenheiten „keine grundlegen-

den sind und die Einheit der Mystik aller Zeiten nicht zerstören“

1

.

Damit ist „die Einheit des Tiefsten des menschlichen Geistes mit

Gott“ gemeint und zwar mit dem Gott des mystischen Denkens,

n i c h t m i t e i n e m G o t t e s b i l d , das aus der Verbin-

dung von Mystik und Religion entstünde.

Der gleichzeitige Gedanke einer begrifflichen Einheit, einer phi-

losophischen Autonomie des Bereiches aller Mystik trotz ihrer ver-

schiedentlich eingeengten Formen scheint bei Spann in den zwei

Dezennien seit dem Erscheinen des „Philosophenspiegels“ im Jahre

1933 eine weitere Entwicklung durchgemacht zu haben, von der

er in der zweiten Auflage kaum etwas erwähnt. Im selben Jahr,

mit dem die Beendigung der zweiten Auflage datiert ist, veröffent-

lichte er einen Aufsatz über „Meister Eckeharts mystische Erkennt-

nislehre“

2

. Darin kommt die Gleichstellung der Mystik als die

eines

dritten

philosophischen

Grundbereiches

außergewöhnlich

deutlich zur Geltung: „Der Geschichtsschreiber der Mystik muß die

Ansicht, es gebe im wesentlichen nur zwei große erkenntnistheo-

retische Lager, das sensualistisch-empiristische... und das apriori-

stisch-idealistische ... erweitern: Es gibt überdies e i n e m y s t i -

s c h e E r k e n n t n i s t h e o r i e ! “ Diese „ist dadurch gekenn-

zeichnet, daß sie, indem sie das idealistische Lehrgut übernimmt,

darüber hinaus noch eine höhere, letzte Quelle aller Erkenntnis an-

nimmt: die innere, mystische Erfahrung...“ Spann gibt gleich

auch die Erklärung dafür, warum die mystischen Erkenntnislehren

der bekannten geschichtlichen Formen am wenigsten ausgebildet

sind: „… einfach deshalb, weil die großen Mystiker solchen Be-

griffen ihre Aufmerksamkeit nicht besonders zuwenden und ihr

1

Siehe oben S. 368.

2

Vgl. Zeitschrift für philosophische Forschung, Bd 3, Wurzach (Württem-

berg) 1948, S. 339 ff.

27 Spann 13