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theorie durchgeführt wird, weist auf drei Erkenntnisstufen hin,

deren Unterscheidung voneinander als je besondere (mystische)

Erlebnisformen durch logische Zergliederung entsprechender, letzt-

begründender Sätze des Meisters erreicht wird. „Alle Kreaturen

(auch Wein und Brot und Fleisch)... schmecken dem ä u ß e r e n

Menschen als Kreaturen .. ." „Aber meinem i n n e r e n Men-

schen, dem schmecken sie nicht als Kreaturen, mehr: Als Gabe

Gottes. Aber mein i n n e r s t e r Mensch (das Fünklein) schmeckt

sie nicht als Gabe Gottes, mehr: als je und je (von jeher) m e i n“

1

.

— Es ist auffallend, daß Spann es vermeidet, hier von Eingebungen

zu sprechen, nachdem die Unterscheidung zwischen I n n e r e m

u n d Ä u ß e r e m unter fast denselben prinzipiellen Vorausset-

zungen gemacht wird, wie diese Prädikate auch die Erlebnisgrund-

formen des Empirismus und des Idealismus bestimmen. Außerdem

sagt er ausdrücklich, daß die mystische Erkenntnistheorie in den

Hauptsätzen mit der idealistischen Zusammenfalle

2

. Da er freilich

auch keine Gleichsetzung dieser Grundformen in der Mystik wie

auch in den beiden anderen großen Bereichen der Philosophie be-

haupten kann, weist diese Verschiedenheit wieder einmal auf un-

sere Vermutung hin, daß die Kontinuität der stufenweise aufleuch-

tenden Erkenntnisse, angefangen von der tiefsten Stufe mystischen

Denkens

3

über die verschiedenen Eingebungen im apriorisch-

idealistischen Bereich bis zur höchsten Unmittelbarkeit des äußer-

lich-sinnlichen (vordenkerischen) Erkennens eine von Spann wohl

geahnte, aber weder analytisch präzisierte noch terminologisch fest-

gelegte (sofern festlegbare) Hierarchie von Erkenntnisstufen (Er-

kenntnismomenten) darstellt, deren Verwirklichung einmal aus

der Anlage des „Philosophenspiegels“ heraus zur K r ö n u n g

v o n S p a n n s G e s a m t w e r k führen könnte.

Die Tatsache, daß Spann im philosophischen Gesamtgebäude

der Mystik den gleichen (vielleicht sogar den ersten) Rang wie den

anderen großen Bereichen einräumt und zum Letzten im Denken

1

Othmar Spann: Meister Eckeharts mystische Erkenntnislehre, in: Zeitschrift

für philosophische Forschung, Bd 3, 1948, S. 341; siehe auch oben S. 383.

2

Siehe oben S. 395 f.

3

Vgl. hierzu die Tabelle oben S. 388 und alle in den drei Kolonnen ver-

schiedentlich (anders als in den idealistischen Systemen) abgestuften Erkenntnis-

momente und -Standpunkte.

2 7

*