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Wahrnehmung sowohl wie der höheren geistigen Art, meinte. Auch

das vielumstrittene „V e r s t e h e n “ ist nichts anderes als der

Rückgang auf die Eingebung. Wer vom Worte auf den Begriff, vom

Begriffe auf die Eingebung zurückgeht, wer ebenso vom Kunst-

werke und der fertigen Gestalt auf die innere Schau des Künstlers

geführt wird, der und der allein versteht.

V.

Die fünfte Ausgliederungsstufe des Geistes: Wollen und Handeln

oder das ausübende Bewußtsein

Bist Du gerecht, so sind auch Deine Werke gerecht.

Die Werke heiligen uns nicht, sondern wir müssen die

Werke heiligen.

(Meister Eckehart)

Wirket unaufhörlich, aber hängt Euch nicht an das Werk.

(Bhagavadgita)

A.

A l l g e m e i n e W e s e n s b e s t i m m u n g

Die Frage, ob Wollen und Handeln schon an dieser Stelle oder erst nach der

Sinnlichkeit zu untersuchen seien, kann verschieden beantwortet werden. Einer-

seits sind sie höhere geistige Vorgänge, andrerseits aber ist ihre Verbindung mit

der Sinnlichkeit sehr eng. Denn, um es kurz zu sagen: Man handelt mit der Hand,

also in sinnlicher Ebene. Die Sinnesempfindung und der Leib gehören als Werk-

zeug wie auch als Voraussetzung zum Handeln. Von diesem Gesichtspunkte aus

könnte das Handeln erst nach der Sinnlichkeit zu stehen kommen. So habe ich

es auch in meinen Büchern „Der Schöpfungsgang des Geistes“ und „Gesellschafts-

lehre“ gehalten / (in welch letzterer die Gebilde des Handelns, z. B. Staat und

Familie, erst nach den geistig-sinnlich bestimmten Gezweiungen, z. B. Freund-

schaft und Ehe, behandelt werden). In Anbetracht der Tatsache indessen, daß

Wollen und Tun eine höhere Geistestätigkeit als die Sinnlichkeit ist, werden sie

in der subjektiven Geisteslehre richtiger vor der Sinnlichkeit zu betrachten sein.

Ohne Sinnlichkeit ist ja schließlich auch nicht Glaube noch Gezweiung, Einge-

bung, Wissen und Gestalten möglich, auch für deren Stellung ist die Tatsache,

daß sie höhere Geistestätigkeiten sind, ausschlaggebend.

1.

Wollen und Handeln verwirklicht Vorgeordnetes

Wollen und Handeln betrachten wir als eine Einheit. Der Unter-

schied beider liegt nur darin, daß beim Wollen der Hauptton auf

der inneren Vorbereitung, beim Handeln auf der äußeren Ausfüh-

rung, der äußeren Verwirklichung eines Zieles liegt. Alles Wollen

ist Handelnwollen, daher Vorstufe des Handelns, beides zusammen

das ausübende Bewußtsein.